Stellenkommentar Drittes Buch, KSA 3, S. 142-143 233
dem Gefühl der Isolation bei der Wahrnehmung seiner „Aufgabe" ein Thema
in zahlreichen Texten der Morgenröthe. Wie in Μ 151 zeichnet sich eine Ten-
denz zur Selbstlegitimation in der skeptischen Beurteilung der Ehe ab.
152
143, 7 Eidformel.] Die zweimalige sarkastische Markierung des ,Nützlichen'
entspricht den von N. immer wieder, auch in der Morgenröthe, geführten An-
griffen auf die Vorstellung der Nützlichkeit der Moral. Die übliche „Anrufung
Gottes" (143, 10) im Eidschwur verleiht dem Eid eine unbedingte Gültigkeit und
transzendent gesicherte Wahrheit, zugleich ist sie auch eine Manifestation des
Glaubens an Gott. Im Horizont seiner Moral- und Religionskritik zielt N. auf
diese Verbindung von moralischem Anspruch und Religion. Sie geht auf 5 Mose
6, 13 zurück: „du sollst den Herrn, deinen Gott, fürchten und ihm dienen und
bei seinem Namen schwören". Da dieses Gebot im 6. Kapitel auf die nach-
drückliche Wiederholung der Zehn Gebote Gottes im unmittelbar vorausgehen-
den 5. Kapitel folgt und eine Erklärung des ersten Gebotes als Kontext hat,
kommt dem Eidschwur in der Bibel die höchste moralische Verbindlichkeit zu.
Der von N. zitierte Passus aus dem Katechismus: „du sollst den Namen Gottes
deines Herrn nicht unnützlich führen!" geht auf das direkt auf die funda-
mentalen Zehn Gebote folgende allererste der weiteren Gebote zurück: „Du
sollst den Namen des Herrn deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der Herr
wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht." (5 Mose 5,
11; analog 2 Mose 20, 7). N.s Text M 152 reflektiert die zunehmende Obsoletheit
der auf den Glauben an Gott rekurrierenden Eidesformel in der säkularen Mo-
derne.
153
143, 17 Ein Unzufriedener.] Der „Unzufriedene" stimmt indirekt mit N.s
Position überein, der sich gerne auf Privilegien, „Vorrechte", „Vornehmheit"
und den „Adel" beruft sowie die gegenläufigen Prozesse der modernen „Civili-
sation" ablehnt. In der Opposition von „alten Tapferen" und [modernen] „Fei-
gen" versteckt der gegen die „Vorurtheile" engagierte Moralkritiker sein eige-
nes Vorurteil. Vgl. Μ 163.
154
143, 22 Trost der Gefährdeten.] Die auch in zahlreichen anderen Texten
der Morgenröthe gewählte Opposition von Antike und Moderne war schon im
dem Gefühl der Isolation bei der Wahrnehmung seiner „Aufgabe" ein Thema
in zahlreichen Texten der Morgenröthe. Wie in Μ 151 zeichnet sich eine Ten-
denz zur Selbstlegitimation in der skeptischen Beurteilung der Ehe ab.
152
143, 7 Eidformel.] Die zweimalige sarkastische Markierung des ,Nützlichen'
entspricht den von N. immer wieder, auch in der Morgenröthe, geführten An-
griffen auf die Vorstellung der Nützlichkeit der Moral. Die übliche „Anrufung
Gottes" (143, 10) im Eidschwur verleiht dem Eid eine unbedingte Gültigkeit und
transzendent gesicherte Wahrheit, zugleich ist sie auch eine Manifestation des
Glaubens an Gott. Im Horizont seiner Moral- und Religionskritik zielt N. auf
diese Verbindung von moralischem Anspruch und Religion. Sie geht auf 5 Mose
6, 13 zurück: „du sollst den Herrn, deinen Gott, fürchten und ihm dienen und
bei seinem Namen schwören". Da dieses Gebot im 6. Kapitel auf die nach-
drückliche Wiederholung der Zehn Gebote Gottes im unmittelbar vorausgehen-
den 5. Kapitel folgt und eine Erklärung des ersten Gebotes als Kontext hat,
kommt dem Eidschwur in der Bibel die höchste moralische Verbindlichkeit zu.
Der von N. zitierte Passus aus dem Katechismus: „du sollst den Namen Gottes
deines Herrn nicht unnützlich führen!" geht auf das direkt auf die funda-
mentalen Zehn Gebote folgende allererste der weiteren Gebote zurück: „Du
sollst den Namen des Herrn deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der Herr
wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht." (5 Mose 5,
11; analog 2 Mose 20, 7). N.s Text M 152 reflektiert die zunehmende Obsoletheit
der auf den Glauben an Gott rekurrierenden Eidesformel in der säkularen Mo-
derne.
153
143, 17 Ein Unzufriedener.] Der „Unzufriedene" stimmt indirekt mit N.s
Position überein, der sich gerne auf Privilegien, „Vorrechte", „Vornehmheit"
und den „Adel" beruft sowie die gegenläufigen Prozesse der modernen „Civili-
sation" ablehnt. In der Opposition von „alten Tapferen" und [modernen] „Fei-
gen" versteckt der gegen die „Vorurtheile" engagierte Moralkritiker sein eige-
nes Vorurteil. Vgl. Μ 163.
154
143, 22 Trost der Gefährdeten.] Die auch in zahlreichen anderen Texten
der Morgenröthe gewählte Opposition von Antike und Moderne war schon im