Stellenkommentar Fünftes Buch, KSA 3, S. 261-263 367
für literarische Unterhaltung, fast gleichzeitig mit einer unautorisierten Überset-
zung in einem Journaldruck, dessen Titel sehr nahe an demjenigen N.s ist: Die
verbannten Götter, bevor dann die endgültige deutsche Fassung 1854 unter
dem Titel Die Götter im Exil in den ersten Band von Heines Vermischten Schrif-
ten einging. Die kleine Schrift erregte in Deutschland Aufsehen. Eine schärfer
konturierte Version des als Μ 425 publizierten Textes liefert N. in der FW 115.
Dort rechnet er zu den „Irrthümern" abschließend auch „Humanität, Mensch-
lichkeit und ,Menschenwürde'" (KSA 3, 474, 24 f.). Während in M 425 das
Hauptinteresse auf dem durch die Moral verursachten Leiden liegt, wobei N.
auf die christliche Jenseits-Orientierung anspielt, benennt er in der Fröhlichen
Wissenschaft die „Irrthümer" genauer.
426
261, 25 Farbenblindheit der Denlcer.] Der Anfang „Wie anders sahen
die Griechen in ihre Natur" weist im übergreifenden Kontext der Morgenröthe
analogisierend auf die immer wieder betonte Verschiedenheit der „Moralen"
(vgl. Μ 425; 261, 9) hin, deren Wahrnehmung eine einheitliche und verbindli-
che „Moral" suspendieren soll. Die Konstatierung einer von der unseren ganz
verschiedenen Farbwahrnehmung bei den Griechen geht u. a. auf die antike
Farbenlehre zurück, der zufolge die Griechen nur vier Grundfarben unterschie-
den: weiß, schwarz, rot und grün. Laut Demokrit werden sie durch verschiede-
ne Atomformen hervorgebracht. Vgl. Orsucci 1993b, 243-256.
427
263, 2 Die Verschönerung der Wissenschaft.] Die „Rococo-Garten-
kunst", die nach der Devise handelte, man müsse ,„die Natur [...] verschönern
(embellir la nature)'", wird hier (263, 2-5) zum Gleichnis für eine Tendenz zur
„unterhaltsamen" Präsentation des schwierigen und trockenen, speziell des
philosophischen Wissens. N. reflektiert damit auch eine aktuelle Tendenz,
nicht zuletzt seine eigene. Die von dem Aufklärer und Schöpfer der deutschen
philosophischen Fachsprache Christian Freiherr von Wolff (1679-1754) gepräg-
te Schulphilosophie des 18. Jahrhunderts hatte Kant und den Deutschen Idea-
lismus zu einer manchmal wenig eingängigen Darstellungsform bestimmt.
Eine gefälligere Form der Darbietung pflegte unter den N. bekannten Philoso-
phen vor allem Schopenhauer mit seinem lebendigen und unterhaltsamen Stil;
in Frankreich hatte neben anderen „philosophes", die sich als Schriftsteller
mit aufklärerischem Engagement - nicht als ,Philosophen' im engeren Sinn -
für literarische Unterhaltung, fast gleichzeitig mit einer unautorisierten Überset-
zung in einem Journaldruck, dessen Titel sehr nahe an demjenigen N.s ist: Die
verbannten Götter, bevor dann die endgültige deutsche Fassung 1854 unter
dem Titel Die Götter im Exil in den ersten Band von Heines Vermischten Schrif-
ten einging. Die kleine Schrift erregte in Deutschland Aufsehen. Eine schärfer
konturierte Version des als Μ 425 publizierten Textes liefert N. in der FW 115.
Dort rechnet er zu den „Irrthümern" abschließend auch „Humanität, Mensch-
lichkeit und ,Menschenwürde'" (KSA 3, 474, 24 f.). Während in M 425 das
Hauptinteresse auf dem durch die Moral verursachten Leiden liegt, wobei N.
auf die christliche Jenseits-Orientierung anspielt, benennt er in der Fröhlichen
Wissenschaft die „Irrthümer" genauer.
426
261, 25 Farbenblindheit der Denlcer.] Der Anfang „Wie anders sahen
die Griechen in ihre Natur" weist im übergreifenden Kontext der Morgenröthe
analogisierend auf die immer wieder betonte Verschiedenheit der „Moralen"
(vgl. Μ 425; 261, 9) hin, deren Wahrnehmung eine einheitliche und verbindli-
che „Moral" suspendieren soll. Die Konstatierung einer von der unseren ganz
verschiedenen Farbwahrnehmung bei den Griechen geht u. a. auf die antike
Farbenlehre zurück, der zufolge die Griechen nur vier Grundfarben unterschie-
den: weiß, schwarz, rot und grün. Laut Demokrit werden sie durch verschiede-
ne Atomformen hervorgebracht. Vgl. Orsucci 1993b, 243-256.
427
263, 2 Die Verschönerung der Wissenschaft.] Die „Rococo-Garten-
kunst", die nach der Devise handelte, man müsse ,„die Natur [...] verschönern
(embellir la nature)'", wird hier (263, 2-5) zum Gleichnis für eine Tendenz zur
„unterhaltsamen" Präsentation des schwierigen und trockenen, speziell des
philosophischen Wissens. N. reflektiert damit auch eine aktuelle Tendenz,
nicht zuletzt seine eigene. Die von dem Aufklärer und Schöpfer der deutschen
philosophischen Fachsprache Christian Freiherr von Wolff (1679-1754) gepräg-
te Schulphilosophie des 18. Jahrhunderts hatte Kant und den Deutschen Idea-
lismus zu einer manchmal wenig eingängigen Darstellungsform bestimmt.
Eine gefälligere Form der Darbietung pflegte unter den N. bekannten Philoso-
phen vor allem Schopenhauer mit seinem lebendigen und unterhaltsamen Stil;
in Frankreich hatte neben anderen „philosophes", die sich als Schriftsteller
mit aufklärerischem Engagement - nicht als ,Philosophen' im engeren Sinn -