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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0464
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Stellenkommentar Fünftes Buch, KSA 3, S. 328-329 449

auf das Prophetentum seiner Identifikationsfigur Zarathustra. Das Kapitel ,Von
den Fliegen des Marktes', beginnt mit den leitmotivisch wiederkehrenden Wor-
ten: „Fliehe, mein Freund, in deine Einsamkeit!" (KSA 4, 65, 2); in dem Kapitel
,Vom Wege des Schaffenden' schlägt er ebenfalls mit den ersten Worten das
Thema der Einsamkeit an: „Willst du, mein Bruder, in die Vereinsamung ge-
hen?" (KSA 4, 80, 2), um dann den wiederum leitmotivisch wiederholten Be-
griff der Einsamkeit auf die - besonders seit dem 18. Jahrhundert gängige -
Vorstellung von der schöpferischen Einsamkeit zu beziehen: „Einsamer, du
gehst den Weg des Schaffenden" (KSA 4, 82, 26). Schon am Anfang von Zara-
thustra II: ,Das Kind im Spiegel' heißt es: „Hierauf gieng Zarathustra wieder
zurück ins Gebirge und in die Einsamkeit seiner Höhle" (KSA 4, 105, 2f.) und
alsbald: „Also vergiengen dem Einsamen Monde und Jahre" (105, 9). Mit gestei-
gerter Emphase eröffnet er in Zarathustra III das Kapitel ,Die Heimkehr' mit
Zarathustras Ausruf: „Oh Einsamkeit! Du meine Heimat Einsamkeit! Zu lan-
ge lebte ich wild in wilder Fremde, als dass ich nicht mit Thränen zu dir heim-
kehrte!" (KSA 4, 231, 2-4)

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329, 24 Im Felde.] Die Metapher des „Feldes" bezieht sich auf die „braven
Soldaten der Erkenntniss" (329, 26 f.), die einen geistigen Feldzug unterneh-
men. „Brav" hat hier noch die alte Bedeutung: „tapfer". Rückblickend auf die
Morgenröthe schrieb N. in Ecce homo: „Mit diesem Buche beginnt mein Feldzug
gegen die Moral" (KSA 6, 329, 4). Doch ermahnt er sich hier, den Kampf gegen
die moralischen Vorurteile „lustiger" zu nehmen, „als sie es verdienen" (329,
24 f.), d. h. obwohl es sich um ein ernstes Anliegen handelt. Darüber hinaus
sind jedoch nicht nur im engeren Sinn die moralischen Vorurteile, sondern alle
„Dinge", d. h. das Dasein überhaupt gemeint. Dies entspricht N.s Frontstellung
gegen einen schwarzsehenden Pessimismus und seiner forcierten Bejahung
des Lebens, deren Grundstimmung er wenig später als „Heiterkeit" und „Glück
des Erkennenden" bezeichnet (FW). Vgl. dagegen die ,Schwarzseher', die die
Dinge hässlicher und ernster sehen, als sie sind, in M 4, M 550 und M 561.
Damit kündigt sich das Programm einer „fröhlichen Wissenschaft" an, das die
folgende Aphorismen-Sammlung schon im Titel exponiert.

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329, 29 Dichter und Vogel.] Von dem Vogel Phönix, einem Fabelwesen
der griechischen Mythologie, erzählt die Sage, dass er nach einem Leben von
 
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