450 Morgenröthe
500 Jahren selbst den Tod in den Flammen suche und aus der Asche neu erste-
he. Ein Gedicht Über den Phönix wurde mit den Werken des Kirchenvaters Lac-
tantius überliefert. Schon im frühen Christentum galt der Phönix als Symbol
für Christi Tod und Auferstehung (vgl. van den Broek 1972). N. bezieht die Fa-
bel auf das Schicksal seiner Werke, die von den Zeitgenossen fast gar nicht
wahrgenommen wurden. Auf einer Postkarte an Franz Overbeck vom 15. Juni
1879 berichtet er vom „abscheulichen Mißerfolg", den er mit Menschliches, All-
zumenschliches hinnehmen musste (KSB 5/KGB II/5, Nr. 857), mit der Aphoris-
mensammlung also, die der Morgenröthe vorausging und ganz entgegen seinen
großen Erwartungen ein Ladenhüter blieb. Hier, kurz vor dem Abschluss der
Morgenröthe, versucht er, mit der metaphorischen Anwendung der Phönix-
Fabel sich selbst Mut zu machen. Dabei sucht er sowohl Begründung als auch
Trost im Gedanken der Unzeitgemäßheit seines Werks, das in der Gegenwart
nur untergehe, um dann zu neuem Leben aufzuerstehen. Mit dem abschließen-
den Satz „Es giebt manche Arten von Morgenröthen" variiert er die Worte, die
Peter Gast (Heinrich Köselitz) auf der ersten Seite seiner für die Druckvorlage
angefertigten Abschrift notiert hatte: „Es giebt so viele Morgenröthen, die noch
nicht geleuchtet haben. Rigveda". Vgl. das Kapitel „Entstehung und Druckge-
schichte" im Überblickskommentar S. 8.
569
330, 5 An die Einsamen.] Nach einer langen Reihe von Texten über die
Einsamkeit und die Einsamen ist dies der letzte und nun entschieden ,morali-
sche' Aphorismus zu diesem Thema, das sich für N. mit seiner eigenen Lebens-
form als einsamer Denker verbindet. Vgl. NK M 566.
570
330, 9 Verluste.] Obwohl N. vom Ideal des „Erhabenen" abrückt (vgl. NK M
513), das sich traditionsgemäß - und im Frühwerk besonders auf Wagner bezo-
gen - mit dem ,Pathetischen' und mit der in M 565 desillusionierend hinter-
fragten ,Würde' verband, suchte er doch weiterhin nach legitimen Erfahrungen
dieser Art. Vgl. die Erhebungsmetaphorik in den beiden letzten Texten M 574
und M 575.
571
330, 14 Feld-Apotheke der Seele.] Zu den hier artikulierten psychothera-
peutischen Vorstellungen vgl. auch NK M 52 und NK M 54.
500 Jahren selbst den Tod in den Flammen suche und aus der Asche neu erste-
he. Ein Gedicht Über den Phönix wurde mit den Werken des Kirchenvaters Lac-
tantius überliefert. Schon im frühen Christentum galt der Phönix als Symbol
für Christi Tod und Auferstehung (vgl. van den Broek 1972). N. bezieht die Fa-
bel auf das Schicksal seiner Werke, die von den Zeitgenossen fast gar nicht
wahrgenommen wurden. Auf einer Postkarte an Franz Overbeck vom 15. Juni
1879 berichtet er vom „abscheulichen Mißerfolg", den er mit Menschliches, All-
zumenschliches hinnehmen musste (KSB 5/KGB II/5, Nr. 857), mit der Aphoris-
mensammlung also, die der Morgenröthe vorausging und ganz entgegen seinen
großen Erwartungen ein Ladenhüter blieb. Hier, kurz vor dem Abschluss der
Morgenröthe, versucht er, mit der metaphorischen Anwendung der Phönix-
Fabel sich selbst Mut zu machen. Dabei sucht er sowohl Begründung als auch
Trost im Gedanken der Unzeitgemäßheit seines Werks, das in der Gegenwart
nur untergehe, um dann zu neuem Leben aufzuerstehen. Mit dem abschließen-
den Satz „Es giebt manche Arten von Morgenröthen" variiert er die Worte, die
Peter Gast (Heinrich Köselitz) auf der ersten Seite seiner für die Druckvorlage
angefertigten Abschrift notiert hatte: „Es giebt so viele Morgenröthen, die noch
nicht geleuchtet haben. Rigveda". Vgl. das Kapitel „Entstehung und Druckge-
schichte" im Überblickskommentar S. 8.
569
330, 5 An die Einsamen.] Nach einer langen Reihe von Texten über die
Einsamkeit und die Einsamen ist dies der letzte und nun entschieden ,morali-
sche' Aphorismus zu diesem Thema, das sich für N. mit seiner eigenen Lebens-
form als einsamer Denker verbindet. Vgl. NK M 566.
570
330, 9 Verluste.] Obwohl N. vom Ideal des „Erhabenen" abrückt (vgl. NK M
513), das sich traditionsgemäß - und im Frühwerk besonders auf Wagner bezo-
gen - mit dem ,Pathetischen' und mit der in M 565 desillusionierend hinter-
fragten ,Würde' verband, suchte er doch weiterhin nach legitimen Erfahrungen
dieser Art. Vgl. die Erhebungsmetaphorik in den beiden letzten Texten M 574
und M 575.
571
330, 14 Feld-Apotheke der Seele.] Zu den hier artikulierten psychothera-
peutischen Vorstellungen vgl. auch NK M 52 und NK M 54.