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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0482
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I Überblickskommentar
1 Lyrik und Lyriktheorie im Werk Nietzsches
Bei den Idyllen aus Messina (1882) handelt es sich um das einzige rein lyrische
Werk, das N. selbst zur Veröffentlichung brachte. Die Publikation eines weite-
ren Gedichtzyklus, der Dionysos-Dithyramben, wurde von ihm zwar seit Herbst
1888 vorbereitet, aufgrund des Zusammenbruchs im Januar 1889 jedoch nicht
mehr selbst zu Ende geführt (vgl. NK 6/2, ÜK DD). Das heißt jedoch keinesfalls,
dass die lyrische Produktion für N.s Werk insgesamt von zu vernachlässigender
Bedeutung wäre. Das Gegenteil ist der Fall: Von frühester Jugend an und bis
zuletzt hat N. - in Phasen unterschiedlicher Intensität - Gedichte und Gedicht-
entwürfe verfasst, von denen so viele erhalten sind, dass sie einen eigenen
Band beträchtlichen Umfangs füllen können (zu den Jugendgedichten von
1854-1869 vgl. die Verzeichnisse der Gedichtanfänge und -Überschriften in
BAW 1, 488-495; BAW 2, 481-485; BAW 3, 485-488; ein Verzeichnis der Ge-
dichte seit 1869 findet sich in KSA 15, 263-271). Hinzu kommt der bemerkens-
werte und auch schon des Öfteren (vgl. z. B. NH 150) bemerkte Umstand, dass
lyrische Werke buchstäblich am Anfang und am Ende von N.s Schaffen stehen:
Die ersten erhaltenen Texte sind Gedichte des Schülers, zu den letzten von N.
für den Druck vorbereiteten Werken gehören die Dionysos-Dithyramben.
Von N.s beachtlicher lyrischer Produktivität zeugen denn auch zahlreiche
(Auswahl-)Ausgaben seiner Gedichte. Die erste wurde unter dem Titel Gedichte
und Sprüche von Friedrich Nietzsche bereits zwei Jahre vor dem Tod des um-
nachteten Philosophen veröffentlicht und erlebte mehrere Auflagen; 1898 er-
schien sie zuerst mit einem umfänglichen Vorwort der Herausgeberin, seiner
Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche, die darin die „dichterische[ ] Entwick-
lung meines Bruders während eines Zeitraums von dreißig Jahren" als eine
solche beschreibt, die vom „erste[n] Stammeln des poetischen Ausdrucks" bis
zur „höchsten Erhebung des dichterischen Geistes [reicht], die nur noch in Di-
thyramben redet" (Förster-Nietzsche 1898, IX). Weitere Ausgaben erschienen
1923 (Insel-Bücherei Nr. 361, mehrere Auflagen bis 1964) und 1944; bei letzterer
handelt es sich um eine von Kläre Buchmann herausgegebene „Feldauswahl",
die demonstriert, wie man im NS-Staat versuchte, N. - zumal als Lyriker -
weltanschaulich zu vereinnahmen. Mehrere Neuausgaben folgten, so die von
Hermand 1977, Kray/Riha 1994, Wuthenow 1999 und Mayer 2010 (zur editions-
philologischen Kritik an den Ausgaben von Förster-Nietzsche bis Hermand vgl.
Groddeck 1991b, 169 f.). Auch gibt es etliche in verschiedene Sprachen über-
setzte Gedichtausgaben. Darüber hinaus ist N. in zahlreichen Anthologien
deutschsprachiger Lyrik vertreten, oft schon im Titel nach dem Muster ,Gedieh-
 
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