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Überblickskommentar 13

tend gesunken." (Ebd., S. 972) Diesem Verdikt will N. Paroli bieten, indem er
die Textur von GM als besondere stilistische Ingeniosität rühmt.
Angesichts der möglichen Missverständnisse fragte sich N. am 14. 02. 1888
in einem Brief an Naumann, ob bei GM „der Titel glücklich (ich meine im
Sinne des buchhändlerischen Vertriebs glücklich) gewählt" worden sei, und
ob es nicht vielmehr „rathsam gewesen" wäre, „den Titel Jenseits von Gut und
Böse' zu wiederholen und darüberzusetzen. Anhang. Drei Abhandlun-
gen" (KSB 8/KGB III 5, Nr. 994, S. 255, Z. 8-11). Der Schriftsteller und Redak-
teur Karl Knortz in Evansville, Indiana/USA gab N. am 21. 06. 1888 ,,[f|ast" den
Ratschlag, bei der Lektüre seiner Werke mit JGB und GM anzufangen, „die die
weitgreifendsten und wichtigsten sind" (KSB 8/KGB III 5, Nr. 1050, S. 340,
Z. 31 f.).
Im Trubel all der Aktivitäten des Jahres 1888, die in mehrere neue Werke
mündeten, spielte GM in der ausladenden Korrespondenz keine wichtige Rolle.
Drei Stellen, die sich in den nun entstandenen Schriften auf GM beziehen, han-
deln davon, dass dort zum ersten Mal der Gegensatz zwischen „vornehmer"
und „christlicher" bzw. „Ressentiment"-Moral ans Licht gestellt worden sei
(WA Epilog Anmerkung, KSA 6, 52, 28-35; AC 24, KSA 6, 192, 15-17; AC 45,
KSA 6, 223, 14-18). Das Bild, das N. damit von seiner eigenen Schrift zeichnet,
wirkt seltsam einseitig und schematisch, als ob er GM bei der Niederschrift
nicht zur Hand gehabt hätte. Und der Brief vom 22. 08. 1888 an Meta von Salis
belegt, dass N. zumindest in Sils-Maria über kein eigenes Exemplar von GM
verfügt hat, sondern sich für einige Tage dasjenige von Meta von Salis ausborg-
te (auf ihrer Abschrift von N.s Brief notierte sie: „Weil Nietzsche sein Exemplar
von ,Zur Genealogie der Moral' in Sils nicht bei sich hatte, sandte ich ihm auf
Wunsch das meine". KGB III 7/3,1, S. 381). Seine erneute Lektüre stilisierte N.
zu einer eigentlichen Wiederentdeckung: „Der erste Blick hinein gab mir eine
Überraschung: ich entdeckte eine lange Vorrede zu der ,Genealogie', deren
Existenz ich vergessen hatte..." (KSB 8/KGB III 5, Nr. 1094, S. 396, Z. 9-11)
Eine Pointe dieser Behauptung liegt darin, dass GM II sich eingehend mit der
Frage des Vergessens beschäftigt und im 3. Abschnitt behauptet, die älteste
Mnemotechnik bestünde darin, Schmerzen zuzufügen, da im Gedächtnis nur
bleibe, was nicht aufhöre, wehzutun (vgl. NK 295, 14 f.). Offensichtlich hat N.
GM und das dort Verhandelte nicht als schwärende Wunde empfunden: „Im
Grunde hatte ich bloß den Titel der drei Abhandl. im Gedächtniß: der Rest, dh.
der Inhalt war mir flöten gegangen. Dies die Folge einer extremen geistigen
Thätigkeit, die diesen Winter und dies Frühjahr ausfüllte und die gleichsam
eine Mauer dazwischen gelegt hatte. Jetzt lebt das Buch wieder vor mir auf —
und, zugleich, der Zustand vom vorjährigen Sommer, aus dem es entstand.
Extrem schwierige Probleme, für die eine Sprache, eine Terminologie nicht vor-
 
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