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Stellenkommentar GM Vorrede 8, KSA 5, S. 254-255 83

Druck erscheinende Text 255, 12-256, 9, mit einem Vermerk von N.s Hand
rechts oben: „Schluß (achter Abschnitt) der Vorrede" (GSA 71/27,1, fol. 4r).
Am 05. 10. 1887 ließ N. seinen Verleger Constantin Georg Naumann jedoch
noch wissen: „Als achter Abschnitt der Vorrede einzuschieben: so daß der
letzte Abschnitt derselben nunmehr die Nummer 9 bekommt. / 8. / Zuletzt,
daß ich wenigstens mit einem Worte auf einen ungeheuren und noch gänzlich
unentdeckten Thatbestand hinweise, der sich mir langsam, langsam festge-
stellt hat: es gab bisher keine grundsätzlicheren Probleme als die morali-
schen, ihre treibende Kraft war es, aus der alle großen Conceptionen im Reiche
der bisherigen Werthe ihren Ursprung genommen haben (- Alles somit, was
gemeinhin ,Philosophie' genannt wird; und dies bis hinab in deren letzte er-
kenntnißtheoretische Voraussetzungen) Aber es giebt noch grundsätz-
lichere Probleme als die moralischen: diese kommen Einem erst in
Sicht, wenn man das moralische Vorurtheil hinter sich hat, wenn man als
Immoralist in die Welt, in das Leben, in sich zu blicken weiß..." (KSB 8/
KGB III 5, Nr. 922, S. 163, Z. 2-17, vgl. KGW IX 3, N VII 3, 60). Im Laufe des
Tages rückte N. von dieser Einfügung wieder ab und beschied Naumann: „das
heute morgen abgesandte Stück Manuskript (Nachtrag zur Vorrede) soll nicht
gelten; es bleibt also bei der ursprünglichen Anordnung, nach der die Vorrede
8 Abschnitte hat" (KSB 8/KGB III 5, Nr. 923, S. 163, Z. 4-6).
Die wieder verworfene Einfügung hätte die Exposition des „Problems" Mo-
ral wirkungsvoll auf die Spitze getrieben und mit dem Gegensatz „es gab"/
„es giebt" zugleich die Aussicht auf eine Sphäre jenseits der Moral eröffnet.
GM Vorrede 8 steht in der Druckfassung ohne sachlichen Bezug zum vorange-
henden Abschnitt, der das Problem der Moral mit der Annäherung an die „Ko-
mödie" in seiner Relevanz nivelliert. GM Vorrede 8 reflektiert die Gestaltungs-
formen von N.s bisherigen, „nicht leicht zugänglich[en]" (255, 18) Werken, de-
ren umsichtige Lektüre gleichwohl als Voraussetzung für das Verständnis von
GM eingefordert wird (255, 15-17).
255, 16 f. meine früheren Schriften gelesen] Im Druckmanuskript von N. korri-
giert aus: „meine früheren Schriften Zeile für Zeile gelesen" (GSA 71/27,1, fol.
4r).
255, 18-25 Was zum Beispiel meinen „Zarathustra" anbetrifft, so lasse ich Nie-
manden als dessen Kenner gelten, den nicht jedes seiner Worte irgendwann ein-
mal tief verwundet und irgendwann einmal tief entzückt hat: erst dann nämlich
darf er des Vorrechts geniessen, an dem halkyonischen Element, aus dem jenes
Werk geboren ist, an seiner sonnigen Helle, Ferne, Weite und Gewissheit ehrfürch-
tig Antheil zu haben.] Die erste Irritation dieser Passage rührt daher, dass das
sprechende „Ich" hier unterstellt, es wolle irgendjemand überhaupt als „Ken-
 
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