Stellenkommentar GM I 6, KSA 5, S. 265 127
265, 28-31 (Weir Mitchell'sche Isolirung, freilich ohne die darauf folgende Mast-
kur und Überernährung, in der das wirksamste Gegenmittel gegen alle Hysterie
des asketischen Ideals besteht)] In W II 5, 55, 1 (KGW IX 8) wird „die Behand-
lung des Gewissensbisses mit der Mitchells-Kur" (vgl. NL 1888, KSA 13, 14[155],
338, 21) empfohlen; im Brief an Overbeck vom 04. 07. 1888 blickt N. auf seine
eigene, in Basel beginnende Krankengeschichte zurück und lässt die erfolglo-
sen Selbsttherapieversuche Revue passieren, um zu resümieren: „Das einzige
regime, welches damals am Platz gewesen wäre, wäre die amerikanische Weir-
Mitchells Kur gewesen: eine extreme Zufuhr von dem werthvollsten Nahrungs-
material (mit absoluter Veränderung von Ort, Gesellschaft, Interessen)". Den
Forschungen des amerikanischen Arztes Silas Weir Mitchell (1829-1914) ist N.,
wie seine Anstreichungen belegen, bereits bei der Lektüre von Charles Richets
L'homme et l'intelligence begegnet (Richet 1884, 475 f.); sein Wissen über Weir
Mitchells Heilmethode schöpfte er aber vor allem aus Leopold Löwenfelds
Buch Die moderne Behandlung der Nervenschwäche (Neurasthenie), der Hysterie
und verwandter Leiden. Mit besonderer Berücksichtigung der Luftcuren, Bäder,
Anstaltsbehandlung und der Mitchell-Playfair'schen Mastcur, das sich ebenfalls
in seiner Bibliothek erhalten hat (vgl. Volz 1990, 140 f.; Wahrig-Schmidt 1988,
463; Brobjer 1997a, 576; Müller-Lauter 1999b, 16 f.). Auf dem Papierumschlag
des Werks hat N. im Titel „Mitchell-Playfair'schen Mastcur" unterstrichen und
rechts unten notiert: „siehe S. 112 ff. u. 50 ff." Während auf den Seiten 50 bis
58 das Höhenklima als besonders gesundheitsfördernd beschrieben wird,
reicht von S. 113 (sic) bis 117 ein „Anhang": „Die Mitchell-Playfair'schen
Mastcur": „Die Curmethode, welche Weir Mitchell in Philadelphia ersann
und zuerst praktisch verwerthete, ,um‘, wie er sagt, ,entkräfteten und erschöpf-
ten Individuen neue Kraft und neues Leben zu verleihen', umfasst eine Mehr-
zahl von Heilfactoren. 1) Trennung des Kranken von seiner bisherigen Umge-
bung (Isolirung); 2) Ruhe; 3) Ueberernährung; 4) Massage; 5) Elektricität. Origi-
nell an dem Verfahren ist lediglich die Combination dieser Factoren, die
einzeln auch schon früher angewendet wurden, sowie die systematische Ver-
werthung derselben. Hierin sind auch die hervorragenden Leistungen der Me-
thode begründet. In England machte sich [...] insbesondere Playfair um Einfüh-
rung der Mitchell'schen Cur verdient (daher auch die häufige Bezeichnung
Mitchell-Playfair'sche Cur)" (Löwenfeld 1887, 113). Gemeint ist der schotti-
sche Arzt William Smoult Playfair (1835-1903). Die vollständige Isolierung und
zunächst strikte Bettruhe der Patientin (es ist hier meist von Frauen die Rede)
ist die Voraussetzung für eine Mastkur, die zu einer exzessiven und für gut
befundenen Veränderung des Körpergewichtes führt: „Burkart beobachtete
in einem Falle eine Gewichtszunahme von 32 Pfund innerhalb zweier Monate,
Mitchell eine solche von 40 Pfund in der gleichen Zeit, Playfair ein An-
265, 28-31 (Weir Mitchell'sche Isolirung, freilich ohne die darauf folgende Mast-
kur und Überernährung, in der das wirksamste Gegenmittel gegen alle Hysterie
des asketischen Ideals besteht)] In W II 5, 55, 1 (KGW IX 8) wird „die Behand-
lung des Gewissensbisses mit der Mitchells-Kur" (vgl. NL 1888, KSA 13, 14[155],
338, 21) empfohlen; im Brief an Overbeck vom 04. 07. 1888 blickt N. auf seine
eigene, in Basel beginnende Krankengeschichte zurück und lässt die erfolglo-
sen Selbsttherapieversuche Revue passieren, um zu resümieren: „Das einzige
regime, welches damals am Platz gewesen wäre, wäre die amerikanische Weir-
Mitchells Kur gewesen: eine extreme Zufuhr von dem werthvollsten Nahrungs-
material (mit absoluter Veränderung von Ort, Gesellschaft, Interessen)". Den
Forschungen des amerikanischen Arztes Silas Weir Mitchell (1829-1914) ist N.,
wie seine Anstreichungen belegen, bereits bei der Lektüre von Charles Richets
L'homme et l'intelligence begegnet (Richet 1884, 475 f.); sein Wissen über Weir
Mitchells Heilmethode schöpfte er aber vor allem aus Leopold Löwenfelds
Buch Die moderne Behandlung der Nervenschwäche (Neurasthenie), der Hysterie
und verwandter Leiden. Mit besonderer Berücksichtigung der Luftcuren, Bäder,
Anstaltsbehandlung und der Mitchell-Playfair'schen Mastcur, das sich ebenfalls
in seiner Bibliothek erhalten hat (vgl. Volz 1990, 140 f.; Wahrig-Schmidt 1988,
463; Brobjer 1997a, 576; Müller-Lauter 1999b, 16 f.). Auf dem Papierumschlag
des Werks hat N. im Titel „Mitchell-Playfair'schen Mastcur" unterstrichen und
rechts unten notiert: „siehe S. 112 ff. u. 50 ff." Während auf den Seiten 50 bis
58 das Höhenklima als besonders gesundheitsfördernd beschrieben wird,
reicht von S. 113 (sic) bis 117 ein „Anhang": „Die Mitchell-Playfair'schen
Mastcur": „Die Curmethode, welche Weir Mitchell in Philadelphia ersann
und zuerst praktisch verwerthete, ,um‘, wie er sagt, ,entkräfteten und erschöpf-
ten Individuen neue Kraft und neues Leben zu verleihen', umfasst eine Mehr-
zahl von Heilfactoren. 1) Trennung des Kranken von seiner bisherigen Umge-
bung (Isolirung); 2) Ruhe; 3) Ueberernährung; 4) Massage; 5) Elektricität. Origi-
nell an dem Verfahren ist lediglich die Combination dieser Factoren, die
einzeln auch schon früher angewendet wurden, sowie die systematische Ver-
werthung derselben. Hierin sind auch die hervorragenden Leistungen der Me-
thode begründet. In England machte sich [...] insbesondere Playfair um Einfüh-
rung der Mitchell'schen Cur verdient (daher auch die häufige Bezeichnung
Mitchell-Playfair'sche Cur)" (Löwenfeld 1887, 113). Gemeint ist der schotti-
sche Arzt William Smoult Playfair (1835-1903). Die vollständige Isolierung und
zunächst strikte Bettruhe der Patientin (es ist hier meist von Frauen die Rede)
ist die Voraussetzung für eine Mastkur, die zu einer exzessiven und für gut
befundenen Veränderung des Körpergewichtes führt: „Burkart beobachtete
in einem Falle eine Gewichtszunahme von 32 Pfund innerhalb zweier Monate,
Mitchell eine solche von 40 Pfund in der gleichen Zeit, Playfair ein An-