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472 Zur Genealogie der Moral

hauer 1873-1874, 2, 210 f., vgl. Janaway 1998, 27 u. Dellinger 2017, 52, Fn. 29
mit der wichtigen Einsicht: „GM III 12 bedient sich zwar zur Charakterisierung
des traditionellen Verständnisses von ,Erkenntnis' als ,unpersönlich und allge-
meingültig' (GM III 6) schopenhauerscher Motive und Begrifflichkeiten, löst
diese dabei jedoch weitestgehend von ihrem ursprünglichen Kontext ab."). N.
zitiert die Wendung aus Schopenhauer 1873-1874, 2, 210 f. etwas umfassender
(wenngleich nachweislich nicht nach dem Originaltext, sondern nach Scho-
penhauer-Zitaten aus Mainländer 1876, 501) auch im Rahmen einer Kritik an
Schopenhauers „Schwärmerei vom Genie" in FW 99, KSA 3, 454, 20-23 u.
NK 3/2 hierzu. Gerade um die Genie-Ästhetik geht es in GM III 12 nicht, die
den ungenannt bleibenden Schopenhauer nur als exemplarische Verkörperung
traditioneller Erkenntnistheorie gebraucht.
365, 7-12 hier wird immer ein Auge zu denken verlangt, das gar nicht gedacht
werden kann, ein Auge, das durchaus keine Richtung haben soll, bei dem die
aktiven und interpretirenden Kräfte unterbunden sein sollen, fehlen sollen, durch
die doch Sehen erst ein Etwas-Sehen wird, hier wird also immer ein Widersinn
und Unbegriff von Auge verlangt] Dellinger 2017, 53, Fn. 31 sieht in der Augen-
metaphorik eine mögliche Replik auf Schopenhauers willensneutrales, objekti-
ves, überindividuelles „Weltauge": „Jenes Freiwerden der Erkenntniß hebt uns
aus dem Allen eben so sehr und ganz heraus, wie der Schlaf und der Traum:
Glück und Unglück sind verschwunden: wir sind nicht mehr das Individuum,
es ist vergessen, sondern nur noch reines Subjekt der Erkenntniß: wir sind nur
noch da als das eine Weltauge, was aus allen erkennenden Wesen blickt, im
Menschen allein aber völlig frei vom Dienste des Willens werden kann, wo-
durch aller Unterschied der Individualität so gänzlich verschwindet, daß es
alsdann einerlei ist, ob das schauende Auge einem mächtigen König, oder ei-
nem gepeinigten Bettler angehört." (Schopenhauer 1873-1874, 2, 233) Über die
Unmöglichkeit eines Blicks aus dem Nirgendwo denkt in der jüngeren Analyti-
schen Philosophie, durchaus unter Bezugnahme auf N.s Motive, Thomas Nagel
(1986) nach.
365, 12-14 Es giebt nur ein perspektivisches Sehen, nur ein perspektivisches
„Erkennen"] Ein buntes Panorama divergenter Deutungsansätze geben - in
chronologischer Abfolge - Leiter 1994, 334 f.; Blackburn 2005, 86; Allsobrook
2008, 707 f.; Gori 2011, 102 und Swanton 2015, 159-161. Sie verraten oft mehr
über die erkenntnistheoretischen Optionen der Verfasser als über N.s listenrei-
che Texte.
365, 14-18 und je mehr Affekte wir über eine Sache zu Worte kommen lassen,
je mehr Augen, verschiedne Augen wir uns für dieselbe Sache einzusetzen wissen,
um so vollständiger wird unser „Begriff" dieser Sache, unsre „Objektivität" sein]
 
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