20
P. Vogel:
Veränderungen im einzelnen sich diese Lehren gefallen lassen mußten.
Erinnert sei nur an die Forschungen von Magnus und seiner Schule
über die Körperstellung und an M. H. Fischers ausführliche Unter-
suchungen über fast alle Einzelfragen dieses Gebietes. Baranys
Entdeckung einer neuen Untersuchungsmethode des Vestibular-
apparates und die darauf sich aufbauenden klinischen Beobachtun-
gen sind von besonderer Bedeutung. Aber alle diese Erweiterung
unserer Kenntnisse ging gerade von jenen Anschauungen als selbst-
verständlichen Voraussetzungen aus. Betrachten wir diese noch
einmal kurz im Zusammenhang. In beiden Schwindellehren steht
als Organ das Labyrinth im Mittelpunkt. Die in ihm vor sich gehen-
den physikalischen Veränderungen bestimmen in weitem Ausmaße
alle anderen Vorgänge. Es besteht die Neigung, den vestbulären,
den systematischen Schwindel für den eigentlichen zu halten, dem-
gegenüber alle anderen Schwindelformen zurücktreten. Beide
Lehren zerlegen den Schwindelkomplex, um einen Ausdruck Hitzigs
anzuwenden, in zwei Hälften, eine subjektive und eine objektive.
Je eine wird für die wesentliche gehalten, von der aus die andere
als hinzutretende Beaktion oder als von ihr völlig unabhängiger
zweiter Bestandteil erscheinen. Eine Psychophysik des Schwindels
wird auf diese Weise unmöglich. Wir kommen darauf bei der
genaueren Besprechung des galvanischen Schwindels noch einmal
zurück. Dort wird auch auf die Schwindellehre Hitzigs näher ein-
gegangen werden. Aus diesen wenigen Hinweisen geht schon hervor,
wie tiefgehend die Wandlung ist, die sich seit Purkinje vollzogen
hat. In welcher Weise sie mit sehr viel allgemeineren geistesgeschicht-
lichen Bewegungen verflochten ist, kann hier nicht erörtert werden.
Die Forschung der letzten Jahre hat nun aber doch einigen
Erkenntnissen zum Durchbruch verhülfen, die nicht mehr eine
geradlinige Fortsetzung des bisherigen bilden. So gewinnt etwa
in den Arbeiten M. H. Fischers mehr und mehr der Gedanke Raum,
daß es neben dem Labyrinth noch eine Reihe anderer Zonen gibt, von
denen her Schwindel und zwar die gleiche Schwindelform ausgelöst
werden kann. Eine Anschauung, die der Klinik nicht ungeläufig
war. In ähnlicher Weise konnte Magnus zeigen, wie in die Regu-
lation der Körperstellung fast an allen Punkten extralabyrinthäre,
von der Haut und den Muskeln kommende Impulse eingreifen.
Diese können auch das Gleichgewicht des Kopfes herstellen, dessen
eigentliches Sinnesorgan ja das Labyrinth sein sollte. Mehr und
mehr wird klar, daß die physikalischen Vorgänge im Labyrinth
P. Vogel:
Veränderungen im einzelnen sich diese Lehren gefallen lassen mußten.
Erinnert sei nur an die Forschungen von Magnus und seiner Schule
über die Körperstellung und an M. H. Fischers ausführliche Unter-
suchungen über fast alle Einzelfragen dieses Gebietes. Baranys
Entdeckung einer neuen Untersuchungsmethode des Vestibular-
apparates und die darauf sich aufbauenden klinischen Beobachtun-
gen sind von besonderer Bedeutung. Aber alle diese Erweiterung
unserer Kenntnisse ging gerade von jenen Anschauungen als selbst-
verständlichen Voraussetzungen aus. Betrachten wir diese noch
einmal kurz im Zusammenhang. In beiden Schwindellehren steht
als Organ das Labyrinth im Mittelpunkt. Die in ihm vor sich gehen-
den physikalischen Veränderungen bestimmen in weitem Ausmaße
alle anderen Vorgänge. Es besteht die Neigung, den vestbulären,
den systematischen Schwindel für den eigentlichen zu halten, dem-
gegenüber alle anderen Schwindelformen zurücktreten. Beide
Lehren zerlegen den Schwindelkomplex, um einen Ausdruck Hitzigs
anzuwenden, in zwei Hälften, eine subjektive und eine objektive.
Je eine wird für die wesentliche gehalten, von der aus die andere
als hinzutretende Beaktion oder als von ihr völlig unabhängiger
zweiter Bestandteil erscheinen. Eine Psychophysik des Schwindels
wird auf diese Weise unmöglich. Wir kommen darauf bei der
genaueren Besprechung des galvanischen Schwindels noch einmal
zurück. Dort wird auch auf die Schwindellehre Hitzigs näher ein-
gegangen werden. Aus diesen wenigen Hinweisen geht schon hervor,
wie tiefgehend die Wandlung ist, die sich seit Purkinje vollzogen
hat. In welcher Weise sie mit sehr viel allgemeineren geistesgeschicht-
lichen Bewegungen verflochten ist, kann hier nicht erörtert werden.
Die Forschung der letzten Jahre hat nun aber doch einigen
Erkenntnissen zum Durchbruch verhülfen, die nicht mehr eine
geradlinige Fortsetzung des bisherigen bilden. So gewinnt etwa
in den Arbeiten M. H. Fischers mehr und mehr der Gedanke Raum,
daß es neben dem Labyrinth noch eine Reihe anderer Zonen gibt, von
denen her Schwindel und zwar die gleiche Schwindelform ausgelöst
werden kann. Eine Anschauung, die der Klinik nicht ungeläufig
war. In ähnlicher Weise konnte Magnus zeigen, wie in die Regu-
lation der Körperstellung fast an allen Punkten extralabyrinthäre,
von der Haut und den Muskeln kommende Impulse eingreifen.
Diese können auch das Gleichgewicht des Kopfes herstellen, dessen
eigentliches Sinnesorgan ja das Labyrinth sein sollte. Mehr und
mehr wird klar, daß die physikalischen Vorgänge im Labyrinth