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Achelis, Johann Daniel [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 9. Abhandlung): Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim: Die Pathologie der Syphilis, 1 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43755#0011
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Theophrasts von Hohenheim. I.

11

Keuschheit nie gewesen ist, dan zu der zeit des anfangs der fran-
zosen, das ist im jar vierzehen hundert sibenzige und achzige aus
ubertrefflicher üppiger, ungeordneter unkeuschheit ein neue krank-
heit, das ist die blatern, erstanden sind“ 18).
Diese „Unordnung“ des Trieblebens ist an sich schon der An-
fang der Krankheit. Der speziellen Pathologie der Syphilis muß
also eine Darstellung der Fortpflanzung des Menschen vorher-
gehen. Sie wird in den einleitenden Kapiteln beider Fassungen
gegeben und ist in einer fragmentarisch überlieferten Schrift „de
generatione hominis“ ausführlich dargestellt. „De generatione“
ist eine kleine unvollendete Schrift (ergänzt durch ein Fragment),
die Sudhoff als Jugendarbeit betrachtet und auf die Zeit um
1520 ansetzt. Sie weicht im Stil und Dialekt von den anderen
Schriften der Zeit ab, so daß man Zweifel an ihrer Echtheit haben
könnte, wenn nicht inhaltlich einwandfreie Anknüpfungen an
frühere Arbeiten da wären, und was wichtiger ist, spätere Werke,
darunter auch unsere Syphilisschriften teils ausdrücklich teils sach-
lich auf sie zurückgreifen. So erscheint es mir wahrscheinlich,
daß die Schrift von fremder Hand redigiert, vielleicht aus dem
lateinischen ins Deutsche übersetzt ist, und sich so der wenig
parazelsische Stil erklärt. Andererseits wird man den Inhalt wohl
zum größten Teil als die parazelsische Meinung von 1520 an-
sehen dürfen. Man kann sie also mit einiger Vorsicht auch in
unserem Zusammenl^ang verwerten 19).
Die Formulierungen, die man in den Syphilisschriften findet, sind
zunächst sehr eigenartig und schwer verständlich: „nun mag kein
coitus beschehen on des himmels mitwirkung“ 20) oder „so der
himmel den coitum regiert und sein Wirkung in der sperma als
ein feuer im holz verbringt“ 21), Zitate, die sich leicht vermehren
lassen und die alle in irgeneiner Form eine Verbindung zwischen
dem „Himmel“ und dem menschlichen Triebleben herstellen. Bis-
weilen findet sich auch anstatt „Himmel“ „Feuer“ als Element
des Geschlechtstriebs.
19) Vielleicht kann eine Eigentümlichkeit dieser Schrift, die übrigens in
der Philosophia magna wiederkehrt, hier angemerkt werden: Während
sonst die Sonderstellung des Menschen in der Natur keiner besonderen
Begründung bedarf, vielmehr geradezu die Voraussetzung der Mikrokosmos-
Makroskosmos-Entsprechung bildet, wird sie hier aus der Tatsache herge-
leitet, daß Christus Menschengestalt angenommen hat. Andererseits liegt
den paramirischen Schriften, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird,
der Mikrokosmos-Gedanke bereits zu Grunde.
20) VII, 208. 21) VII, 212.
 
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