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Achelis, Johann Daniel [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 9. Abhandlung): Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim: Die Pathologie der Syphilis, 1 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43755#0017
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Theophrasts von Hohenheim. I.

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verderbt und vergift, damit sich der häufen zu warnen weisst“35).
„Uber die gemelten exempel merkent weiter, das noch etwas
von der straf zu reden not ist, damit der arzet dester verstendiger
werde, alle läster die vom menschen geschehen, haben ire an-
geborne eingeleibte straf, als der mit dem schwert ficht, wird mit
dem schwert gericht. also mit allen denen dingen so über mensch-
lich zücht geschehent, die haben dergleichen ir pein, und also
feit manche krankheit auf den menschen, die ein angeborne
straf ist, und doch dem arzet verborgen“36). Für den echten Para-
zelsus ist dieser „Luxus“ bereits Symptom einer Störung (die frei-
lich durch den Willen noch zu überwinden ist) und damit ein
ärztliches und nicht moralisches Thema. —
Man könnte aus der parazelsischen Theorie auch folgern, daß
nach dem oben geschilderten Mechanismus durch die Infektion
eine Veränderung der Konstitution, eine Störung des „inneren
Himmels“ einträte, die dann entsprechend zu behandeln wäre.
Auch diese Folgerung wird nicht gezogen. Vielmehr wird, wie
nunmehr zu zeigen sein wird, eine spezielle Pathologie der Krank-
heit Syphilis entwickelt, einer Infektionskrankheit, für die der ge-
nius epidemicus und das Triebleben nur akzidentelle Ursachen
ihres Auftretens, aber nicht den wahren Grund und Ursprung,
nicht die causa efficiens abgeben.
Ich möchte dabei unter Veränderung der Reihenfolge gegen-
über den beiden untersuchten Schriften so verfahren, daß ich
zuerst auf das Kontagium, dann auf die Anatomie und schließlich
auf den eigentlichen pathologischen Vorgang der Syphilis ein-
gehe, der als transmutatio bezeichnet wird. Die Untersuchung der
transmutatio wird noch einen Exkurs in die allgemeine Natur-
philosophie Hohenheims nötig machen.
4. Das Kontagium.
Von einer Infektion durch das Gift der „Franzosen“ wird
immer wieder gesprochen, sei es nun, daß bei der genitalen
Infektion das Gift das Sperma begleitet oder bei der extrageni-
talen Infektion das Gift mit den Hautausschlägen austritt und
dann übertragen werden kann. Es spielt aber auch sonst in der
parazelsischen Pathologie Gift als Krankheitsursache eine große
Rolle. Nur bedeutet Gift von Krankheit zu Krankheit etwas verschie-

35) X, 441/2.

36) X, 445/6.
 
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