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Achelis, Johann Daniel [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 9. Abhandlung): Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim: Die Pathologie der Syphilis, 1 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43755#0010
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J. D. Achelis : Syphilisschriften

Entstehung zurückgetreten sind. Von theoretischer Wichtigkeit
sind diese Beobachtungen aber deshalb, weil sie mit innerer Kon-
sequenz zur Annahme eines Kontagiums drängen und damit die
damals vielfach übliche astrologische Auffassung von der Krank-
heitsentstehung ad absurdum führen. So müssen wohl die astro-
logischen Formulierungen bei Parazelsus wie etwa jene „exal-
tatio veneris“ etwas anderes bedeuten, als die übliche Stern-
deuterei. Es handelt sich, wenn man solche scheinbar astrologischen
Formulierungen auch aus anderen Schriften heranzieht, immer um
zeitliche Abläufe, von denen besonders die Jahreszeiten wieder-
holt ausdrücklich erwähnt werden, und man kann an allen Stellen,
an denen diese Formulierungen auftreten, für die „Sterne“ „Ge-
schichte“ und „Klima“ setzen, ohne den Sinn irgendwie zu ver-
fälschen. Es liegt hier ein Bedeutungswandel vor, der oft über-
sehen wird und zu manchen Mißdeutungen Anlaß gegeben hat.
So ist auch in unserem Fall eine historische Gegebenheit, eben
die Sittenlosigkeit, mit einem astrologischen Terminus bezeichnet.
Die Astrologen der Zeit geben übrigens keineswegs Venus als
verantwortlichen Planeten für die Epidemie an, ganz abgesehen
davon, daß in der Astrologia judiciaria ein Planet erst zu deuten
ist, wenn man weiß, in welchem Tierkreiszeichen er steht. Es
sagt also die parazelsische Formulierung dem Astrologen sehr
wenig — wahrscheinlich würde er sie als astronomisch unzu-
treffend ablehnen müssen.
Und schließlich ist der Mensch den Sternen nicht ohne wei-
teres unterworfen.
3. De generatione hominis.
„Also wissent, wie ir sehent, das sol ist der planet aller wach-
senden dingen der erden, nun ist ir tugent, influenz und impres-
sion auf den steinen und im sand verloren, wo kein samen im
acker ligt, ist auch verloren dem meer und den wassern, darin
kein fisch sind, also ist auch verloren der will veneris, wo der
luxus nit statt gibt“ 17).
So ist also die Voraussetzung für die Entstehung des Syphilis-
epidemie eine Veränderung des menschlichen Trieblebens, „es
bewert sich auch vilfeltig und ist die ursach also, das, so lang
die weit gestanden ist, grössere, ungeordnetere, üppigere un-

17) VII, 192.

18) VI, 371/2.
 
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