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J. D. Achelis : Syphilisschriften
annehmen, daß Hohenheim im Jahre 1537 ein gut Teil der neuen
Erkenntnisse über die Syphilis, die er 1528 gehabt hatte, zugunsten
der landläufigen Meinung aufgegeben hätte. Und gegen diese
landläufige Meinung kann man leicht polemisieren, wie das von
den Geschichtsschreibern der Syphilis ausführlich geschehen ist.
Die Entstehung aus der Lepra, die Identität mit der Gonorrhoe,
die eigentlich amüsante Geschichte von den Krankheitsmännchen
und -weibchen nebst den genau 420 Arten von Nachkommen
und vieles sonst bietet Angriffsflächen genug. Man darf sagen,
daß Parazelsus die negative Bewertung verdient, die er erfahren
hat, sofern das dritte Buch der Wundarznei von ihm stammt.
Da andere unzweifelhaft echte Darstellungen ganz anderer Art
zu dem gleichen Thema vorhanden sind, spricht der Befund dafür,
daß eine Fälschung vorliegt.
Bisher war angenommen, daß mit einem veränderten meta-
physischen Ausgangspunkt sich auch im Inhaltlichen einiges ändern
könne oder müsse. So waren zunächst alle Abweichungen in der
angeblichen Schrift von 1537 gegenüber 1528/29 nicht verwertet,
für die sich ein theologischer Grund auffinden ließ. Die Frage,
ob wirklich mit der verstärkten Betonung des Christentums in
den späteren Schriften eine Veränderung des naturphilosophischen
Ausgangspunkts verbunden war, ist aber durchaus der Prüfung
zugänglich.
Im ersten Buch der Philosophia sagax von 1537/38, die oben
bereits erwähnt wurde, ist das Verhältnis von Naturphilosophie
und Theologie ausdrücklich diskutiert. Bei der Wichtigkeit dieser
Frage geben wir einige Belege: „ob ich gleichwol hie heidnisch
geret hab. wie dan von vilen möcht angesehen werden, so ist
mir doch nit verborgen, ob ich gleichwol den menschen ein tier
nenne, so weiß ich doch wol, die unterscheid zwischen den men-
schen und den tieren, die ligt alein in der biltnus und dem geist“6).
„darumb das ich das liecht der natur anzeig, sol ich veracht sein,
und der vater hats gemacht, der auch den son gelernt hat“ );
„Christus ist übernatürlich und über die natur, und die natur ist
unter ime; er ist secunda persona der trinitet und Schöpfer aller
ding, schöpft im ein neuen himel, wan er wil. darumb redet der
astronomus nichts von der Weissagung Christi und der propheten,
greift auch nicht den apocalypsin an. dan da ist ein unterscheit
G) XII, 17.
7) XII, 17.
8) XII, 19.
J. D. Achelis : Syphilisschriften
annehmen, daß Hohenheim im Jahre 1537 ein gut Teil der neuen
Erkenntnisse über die Syphilis, die er 1528 gehabt hatte, zugunsten
der landläufigen Meinung aufgegeben hätte. Und gegen diese
landläufige Meinung kann man leicht polemisieren, wie das von
den Geschichtsschreibern der Syphilis ausführlich geschehen ist.
Die Entstehung aus der Lepra, die Identität mit der Gonorrhoe,
die eigentlich amüsante Geschichte von den Krankheitsmännchen
und -weibchen nebst den genau 420 Arten von Nachkommen
und vieles sonst bietet Angriffsflächen genug. Man darf sagen,
daß Parazelsus die negative Bewertung verdient, die er erfahren
hat, sofern das dritte Buch der Wundarznei von ihm stammt.
Da andere unzweifelhaft echte Darstellungen ganz anderer Art
zu dem gleichen Thema vorhanden sind, spricht der Befund dafür,
daß eine Fälschung vorliegt.
Bisher war angenommen, daß mit einem veränderten meta-
physischen Ausgangspunkt sich auch im Inhaltlichen einiges ändern
könne oder müsse. So waren zunächst alle Abweichungen in der
angeblichen Schrift von 1537 gegenüber 1528/29 nicht verwertet,
für die sich ein theologischer Grund auffinden ließ. Die Frage,
ob wirklich mit der verstärkten Betonung des Christentums in
den späteren Schriften eine Veränderung des naturphilosophischen
Ausgangspunkts verbunden war, ist aber durchaus der Prüfung
zugänglich.
Im ersten Buch der Philosophia sagax von 1537/38, die oben
bereits erwähnt wurde, ist das Verhältnis von Naturphilosophie
und Theologie ausdrücklich diskutiert. Bei der Wichtigkeit dieser
Frage geben wir einige Belege: „ob ich gleichwol hie heidnisch
geret hab. wie dan von vilen möcht angesehen werden, so ist
mir doch nit verborgen, ob ich gleichwol den menschen ein tier
nenne, so weiß ich doch wol, die unterscheid zwischen den men-
schen und den tieren, die ligt alein in der biltnus und dem geist“6).
„darumb das ich das liecht der natur anzeig, sol ich veracht sein,
und der vater hats gemacht, der auch den son gelernt hat“ );
„Christus ist übernatürlich und über die natur, und die natur ist
unter ime; er ist secunda persona der trinitet und Schöpfer aller
ding, schöpft im ein neuen himel, wan er wil. darumb redet der
astronomus nichts von der Weissagung Christi und der propheten,
greift auch nicht den apocalypsin an. dan da ist ein unterscheit
G) XII, 17.
7) XII, 17.
8) XII, 19.