6 Immo v. Hattingberg : Sensibilitätsuntersuchungen
Verfahren und die Fehlerquellen möglichst erschöpfend kennen
zu lernen.
Zwei Fragestellungen sind dabei vor allem wichtig: einerseits
wollte ich erfahren, wie weit man solche Schwellenuntersuchungen
diagnostisch verwerten kann. Andererseits sollte festgestellt wer-
den, was sich aus solchen Untersuchungen über den Bau und
die Leistungsweise des Hautsinnes ergibt.
Es ist auffallend, daß man sich bei den Sensibilitätsunter-
suchungen meist auf die groben Verfahren mit Nadel, Fingerkuppe,
Stimmgabel usw. beschränkt, während man zur Untersuchung der
Motorik einen viel feineren Apparat benützt. Das hat verschiedene
Gründe. Weil wir bei der Sensibilitätsprüfung immer auf den
guten Willen des Kranken angewiesen sind, hält man allgemein
nur eine kleine Auswahl kluger Selbstbeobachter für geeignet zu
diesen Untersuchungen. Weiterhin sind die Verfahren der Schwel-
lenbestimmung so umständlich, daß nur wenige Ärzte Zeit haben,
sie anzuwenden. Vor allem aber sind die Ergebnisse am Kranken
noch so unübersichtlich, daß man bei Anwendung der Schwellen-
verfahren viel eher das Verfahren als den Kranken kennen lernt.
Zweifellos genügen die groben Verfahren in vielen Fällen
nicht, um die Herkunft einer Sensibilitätsstörung ohne andere
Anhaltspunkte aufzuklären. Nur ein deutlicher Ausfall ist objektiv
feststellbar. Bei einer Hypaesthesie ist man auf die Angaben
„stärker oder schwächer“ angewiesen. Eine krankhafte Schwellen-
veränderlichkeit aber kann man mit der Nadel nur in den wenig-
sten Fällen ermitteln. Auch die Bestimmung der Grenzen läßt
immer dann im Stich, wenn die Grenze unscharf ist oder wech-
selt. Nach dem Schrifttum war nun die Aussicht groß, daß man
durch eingehende Untersuchung einer kleinen gestörten Fläche
über den Sitz der Schädigung mehr Wesentliches erfährt, als
wenn man in großen Zügen die Grenze der Störung umreißt.
Denn der Aufbau der Störung sollte je nach dem Sitz der Schädi-
gung verschieden sein.
Einen großen Teil unserer Kenntnisse über den Aufbau der
sensiblen Organe verdanken wir den Untersuchungen an Kranken
mit ungeeichten Reizen. Wenn man aber versucht, auch die ein-
gehenden und umständlichen Schwellenverfahren an Kranken an-
zuwenden, so muß man sich fragen, wie weit die Kranken unserer
neurologischen Abteilungen sich als Versuchspersonen eignen.
Diese Frage ist gleichzeitig eine psychologische und eine physio-
logische.
Verfahren und die Fehlerquellen möglichst erschöpfend kennen
zu lernen.
Zwei Fragestellungen sind dabei vor allem wichtig: einerseits
wollte ich erfahren, wie weit man solche Schwellenuntersuchungen
diagnostisch verwerten kann. Andererseits sollte festgestellt wer-
den, was sich aus solchen Untersuchungen über den Bau und
die Leistungsweise des Hautsinnes ergibt.
Es ist auffallend, daß man sich bei den Sensibilitätsunter-
suchungen meist auf die groben Verfahren mit Nadel, Fingerkuppe,
Stimmgabel usw. beschränkt, während man zur Untersuchung der
Motorik einen viel feineren Apparat benützt. Das hat verschiedene
Gründe. Weil wir bei der Sensibilitätsprüfung immer auf den
guten Willen des Kranken angewiesen sind, hält man allgemein
nur eine kleine Auswahl kluger Selbstbeobachter für geeignet zu
diesen Untersuchungen. Weiterhin sind die Verfahren der Schwel-
lenbestimmung so umständlich, daß nur wenige Ärzte Zeit haben,
sie anzuwenden. Vor allem aber sind die Ergebnisse am Kranken
noch so unübersichtlich, daß man bei Anwendung der Schwellen-
verfahren viel eher das Verfahren als den Kranken kennen lernt.
Zweifellos genügen die groben Verfahren in vielen Fällen
nicht, um die Herkunft einer Sensibilitätsstörung ohne andere
Anhaltspunkte aufzuklären. Nur ein deutlicher Ausfall ist objektiv
feststellbar. Bei einer Hypaesthesie ist man auf die Angaben
„stärker oder schwächer“ angewiesen. Eine krankhafte Schwellen-
veränderlichkeit aber kann man mit der Nadel nur in den wenig-
sten Fällen ermitteln. Auch die Bestimmung der Grenzen läßt
immer dann im Stich, wenn die Grenze unscharf ist oder wech-
selt. Nach dem Schrifttum war nun die Aussicht groß, daß man
durch eingehende Untersuchung einer kleinen gestörten Fläche
über den Sitz der Schädigung mehr Wesentliches erfährt, als
wenn man in großen Zügen die Grenze der Störung umreißt.
Denn der Aufbau der Störung sollte je nach dem Sitz der Schädi-
gung verschieden sein.
Einen großen Teil unserer Kenntnisse über den Aufbau der
sensiblen Organe verdanken wir den Untersuchungen an Kranken
mit ungeeichten Reizen. Wenn man aber versucht, auch die ein-
gehenden und umständlichen Schwellenverfahren an Kranken an-
zuwenden, so muß man sich fragen, wie weit die Kranken unserer
neurologischen Abteilungen sich als Versuchspersonen eignen.
Diese Frage ist gleichzeitig eine psychologische und eine physio-
logische.