Metadaten

Lehmann, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1913, 13. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 3 — Heidelberg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37372#0013
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Neue Untersuchungen über fiiissige Kristalle. III. (A. 13) IE

nicht rückgängig gemacht wird, durch Wirkung der molekularen
Richtkraft ganz von selbst die anfängliche Raumgitteranordnung
wieder her. Kristalle, die zusammenfließen, besitzen also keine
Elastizitätsgrenze, und gerade deshalb müssen sie als ,,flüssig"
bezeichnet werden; denn der Mangel einer Elastizitätsgrenze ist
eben das Charakteristikum des flüssigen Zustandes.
Die molekulare Richtkraft stellt bei. flüssigen Kristallen nicht
nur gestörte Struktur, sondern auch verletzte Form wieder
her. Wird aus einem festen Kristall ein Stück ausgebrochen, so
sind die Molekularkräfte nicht imstande, die Lücke wieder aus-
zufüllen, sofern wir nicht etwa den Kristall in übersättigte Lö-
sung einhängen, in welcher er sich durch Anlagerung von
neuem Material wieder ergänzen kann. Ein flüssiger, freischwe-
bender Kristall reckt sich dagegen ohne weiteres wieder zu nor-
maler Form aus, bei welcher das Gleichgewicht der molekularen
Kräfte unter sich und mit den aus dem thermischen Bewegungs-
zustand hervorgehenden Stoßkräften wieder hergestellt ist.
Diesen thermischen Bewegungszustand in üblicher Art durch
Beobachtung der BuowN'schen Molekularbewegung i?) nachzu-
zuweisen, ist mir bisher nicht gelungen, weil es unmöglich ist,
kleine Pärtikelchen in kristallinischen Flüssigkeiten dauernd in
Schwebe zu erhalten. Wenn man z. B. ein unbedecktes Präparat
von Paraazoxyphenetol über einer Terpentin- oder Magnesium-
flamme schwach berußt und sodann unter einem Deckglas schmilzt,
so kann man in der isotropen Schmelze die BROWN'sche Be-
wegung an den Rußteilchen sehr schön beobachten. Sobald
aber der Übergang in die kristallinische Flüssigkeit stattfindet,
werden die Pärtikelchen von den wachsenden flüssigen Kristallen
än die Glaswände getrieben und bleiben dort hängen, auch wenn
man sie durch Verreiben der Masse wieder ins Innere derselben
zu bringen versucht. Auch die Versuche von FRIEDRICH, LAUE
u. a. über Beugung der Röntgenstrahlen in Kristallen^) geben
keine Anhaltspunkte über die thermische Bewegung in solchen.
Man sollte eher annehmen, sie sei verschwindend klein. Äußerst
rasch wechselnde kleine Ätzfiguren, die ich bei Paraazoxyphenetol
beobachtete^), können recht wohl durch den thermischen Be-
w ROB. BROWN, Fo^y. Aüw., 44, 294, 1828; J. PERRIN, Leg Ufoweg,
Paris, Alkan 1913; 0. L., Ve?L. <L LUffg. waU Per., 25, 41, 1913.
W Siehe auch M. DE BROGLIE, Lo?wpf. re?nf., 456, 1011, 1153, 1913;
M. LAUE, FAyg. ZeügcAr., 44, 423, III, 1913.
19) FAt/gi7ca4. ZeügcAr., 4,2, 543, Anm. 1911.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften