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Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0008
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8 (B. 4)

W. Erb:

Folgezustand oder eine Nachkrankheit der Syphilis. — Sie
ist nun aufzufassen als ein besonderes Stadium der Syphilis,
das gewöhnlich erst in ihrem späteren Verlauf eintritt und neben
den drei ersten, bisher angenommenen Stadien — dem primären,
sekundären und tertiären —seinen berechtigten Platz erhalten muß.
Für die Paralyse sind die Beobachtungen bereits jetzt so
zahlreich, trotz der großen Schwierigkeiten der Untersuchung,
daß an ihrer Zugehörigkeit zur echten Syphilis kein Zweifel mehr
bestehen kann; und auch für die Tabes nähern wir uns dieser defini-
tiven Erkenntnis mit raschen Schritten1); die bis jetzt noch spär-
lichen Nachweise der Pallida bei ihr werden sich rasch vermehren,
ihr Prozentsatz wird wachsen; es kommt wohl nur darauf an,
daß man mit verfeinerter Methode, mit der gehörigen Sorgfalt,
an den richtigen Stellen und in den richtigen Stadien der Krank-
heit sucht.
Aber sind wir mit dieser Erkenntnis nun schon über alle
Berge ? Wir wissen ja jetzt, daß bei diesen typisch-metaluetischen
Prozessen die Spirochäten zu finden sind und daß sie somit
wohl auch ihren Anteil an dem pathologischen Geschehen haben,
vielleicht hauptsächlich für dieses maßgebend sind.
Aber sofort melden sich allerlei Bedenken; eine Fülle von
Fragen drängt sich auf, die der eingehendsten Prüfung und Ent-
scheidung harren. Einen Teil derselben will ich hier erörtern.
1. Ein unerbittlicher Skeptiker könnte ja zunächst fragen,
ob es denn wirklich die echte syphilitische Spirochäte
ist, die man gefunden hat ? Darüber kann wohl kein Zweifel sein;
schon die Autorität von Noguchi und Moore spricht für die Echt-
heit; und Moore hat sich noch die besondere Mühe genommen,
den Einwand, daß es zufällig eingewanderte andere, harmlose
Spirochätenformen wären, eingehend zu widerlegen, und alle
kompetenten Beobachter, die die Präparate und Photographien
von Noguchi gesehen haben (Erich Hoffmann, Friedrich
Schultze, P. Ehrlich, Edinger, Nissl, Nonne, Marinesco
u. v. a.) hegen nicht den geringsten Zweifel an ihrer Echtheit.
Darüber also ist kein Wort mehr zu verlieren.
Wichtiger aber ist die Frage, ob dieser Spirochäten-
befund bei Paralyse und Tabes ein konstanter, ob er in
1) Besonders beachtenswert erscheinen mir dafür die relativ zahlreichen
Fälle von Taboparalyse, bei welchen Noguchi positive Befunde erhielt.
 
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