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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 5. Abhandlung): Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen: eine theoretische Betrachtung — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37628#0003
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Die neueren Forschungen in der Botanik und Zoologie er-
streben ein kausales Verständnis für die Formenwelt der Organis-
men, besonders für die regelmäßige Aufeinanderfolge von Form-
bildungen, die unter dem Begriff der Entwicklung zusammen-
gefaßt werden. Man kann den Begriff sehr weit fassen und jede
Formbildung bis herab zur Entstehung eines Stärkekornes in
ihn hineinziehen. Die Möglichkeit, überhaupt ein solches Ver-
ständnis zu gewinnen, beruht auf der Fähigkeit des Organismus,
auf gewisse Einwirkungen der Außenwelt, die durch den experi-
mentierenden Forscher herbeigeführt werden, in bestimmter Weise
mit Formbildungen zu antworten. Die Pflanzenwelt gewährt ein
besonders günstiges Material, weil ihre Abhängigkeit von der
Außenwelt viel unmittelbarer und stärker ausgeprägt ist als bei
den Tieren. An den Pflanzen sind die ersten Versuche über Än-
derung ihrer Entwicklung angestellt worden, — Versuche, die
bis auf den berühmten Knight (1759—1838) zurückgehen, die
aber in größerem Umfange erst seit den Forschungen und An-
regungen von Hofmeister, Sachs und Pfeffer im Zusammen-
hänge mit der aufstrebenden Physiologie durchgeführt wurden.
Durch die Arbeiten der letzten Jahrzehnte sind zahlreiche Ent-
wicklungsvorgänge in ihrer Abhängigkeit von der Außenwelt
sicher nachgewiesen worden. Auf der anderen Seite gibt es sehr
viele Vorgänge, die uns unverständlich erscheinen, weil sie dem
Anschein nach unabhängig von der Außenwelt, d. h. unter an-
scheinend konstanten Bedingungen ablaufen. Daher besteht auch
heute noch ein lebhafter Streit über die prinzipielle Frage,
in welchem Grade die Außenwelt bei allen Entwicklungs-
prozessen entscheidend mitwirken muß.
Von meinen ersten Arbeiten an (1890) habe ich mich auf
den streng kausalen Standpunkt gestellt, um von ihm aus die
Probleme der Entwicklung zu beleuchten, nicht mit dem Anspruch,
eine Erklärung der letzten Gründe des Lebens zu geben, sondern
nur in der Überzeugung, damit die richtigen Angriffspunkte zu
finden, von denen eine experimentelle Bewältigung der sich auf-
drängenden Fragen angebahnt werden kann. Meine etwas radikale

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