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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 5. Abhandlung): Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen: eine theoretische Betrachtung — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37628#0009
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Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen. (B. 5.) 9

Pflanzenspezies das gegebene Material. Wir haben es demnach
mit zahllosen verschiedenen spezifischen Strukturen zu tun. Bei
unserem heutigen Wissen bzw. Nichtwissen ist es unmöglich, eine
klare Vorstellung von dem Wesen der spezifischen Struktur zu
gewinnen. Der Begriff ist aber für uns notwendig um auszudrücken
einerseits die Konstanz einer Spezies im Verhältnis zur Außenwelt,
andrerseits ihre Verschiedenheit von anderen Spezies. Im Liese-
GANGSchen System liegt die Sache sehr einfach; dem Begriff
entsprechen die Molekularstrukturen der drei Körper.
In dem Liese gang sehen System verstehe ich nach den frü-
heren Erläuterungen unter inneren Bedingungen diejenigen Fak-
toren, welche durch Einwirkung der Außenwelt auf die Molekular-
struktur der drei Substanzen entstehen: der kolloidale Zustand
der Gelatine, die Verteilung und die Konzentrationsverhältnisse
der beiden Salze. Diese inneren Bedingungen sind veränderlich,
d. h. sie können durch Änderungen der Außenwelt eine andere
Beschaffenheit erhalten, durch die die Reaktion, wie wir später
sehen werden, sehr verändert werden kann. Im Prinzip verstehe
ich unter den inneren Bedingungen der Zelle das gleiche; auch
sie sind einerseits abhängig von den Potenzen der spezifischen
Struktur, andrerseits von der Außenwelt. Ihr wesentliches Kenn-
zeichen ist ihre von der Außenwelt abhängige Veränder-
lichkeit innerhalb des durch die spezifische Struktur gegebenen
Rahmens.
Von den Unterschieden zwischen dem toten und lebenden
System müssen besonders zwei stärker hervorgehoben werden.
Das lebende System umschließt infolge seiner höchst kompli-
zierten Struktur eine außerordentlich viel größere Menge von
Potenzen, infolgedessen auch die inneren Bedingungen unvergleich-
lich viel mannigfaltiger sind. Man braucht nur zu denken an die
chemische Zusammensetzung, an die Konzentrationsverhältnisse
der zahlreichen Substanzen, an den kolloidalen Zustand, den
osmotischen Druck, den thermischen, elektrischen Zustand u. dgl.
Vor allem aber können wir das tote System synthetisch darstellen,
das lebende bekanntlich nicht.
Sowie wir also irgend eine lebende Zelle vor uns haben, so
besitzt sie bereits von der Mutterzelle her eine bestimmt geartete
Beschaffenheit ihrer inneren Bedingungen, durch die die chemischen
Prozesse eine gewisse Richtung erhalten. Die Zelle kann infolge-
dessen disponiert sein, zu wachsen oder sich zu teilen oder zu
 
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