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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 5. Abhandlung): Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen: eine theoretische Betrachtung — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37628#0041
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Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen. (B. 5.) 41

Wir können auf das Liese GANGSche System zurückgreifen,
das auf Grund einfacher chemischer und physikalischer Bedin-
gungen bestimmte Formbildungen erzeugt. Küster hat auf die
weitgehende Übereinstimmung zwischen ihnen und gewissen Zell-
strukturen hingewiesen und zieht daraus den Schluß, daß in beiden
Fällen die gleichen inneren Bedingungen wirksam sind, „ein-
fache Diffusionsvorgänge, ohne daß an unübersehbare komplizierte
Leistungen eines spezifischen regulatorisch tätigen lebenden Proto-
plasmas appelliert werden müsse.“ Ich lasse dahingestellt, wie
weit die angeführten Strukturen der Pflanzen dadurch erklärt wer-
den können. Sicherlich liegt dieser Auffassung ein richtiger und
wichtiger Gedanke zugrunde, den Liesegang in seinen Arbeiten
(vgl. 1909) eingehend auf dem Gebiete der tierischen Formbildung
verfolgt hat. Nur möchte ich den Gedanken in einer anderen
Weise formulieren, so daß sich eine größere Menge von Erklärungs-
möglichkeiten ergibt. Die Zonenbildung in dem LiESEGANGschen
System beruht in letzter Linie auf Konzentrations-Verschieden-
heiten. Jeder Diffusionsvorgang setzt notwendig ein Konzentra-
tionsgefälle voraus; jede Konzentrationsänderung führt zu Dif-
fusionen. Die Bedeutung der Konzentration für den lebenden
Organismus ist eine sehr viel allgemeinere, weil sie durch zahl-
reiche chemische und physikalische Vorgänge, z. B. Assimilation,
Atmung, Spaltung, Transpiration usw. beeinflußt wird, und uns
daher eine tiefere Einsicht in die tatsächlich bestehende Mannig-
faltigkeit der Lebensprozesse gewähren kann.
In meiner Arbeit „Probleme der Entwicklung“ (1904) habe ich
auf Grund einer kurzen chemisch-physikalischen Betrachtung die
große Bedeutung der Konzentrationsverhältnisse hervorgehoben.
Wenn wir die lebende Zelle mit Vant Hoff als ein dynamisches
Gleichgewichtssystem auffassen, so müssen nach dem Massen-
wirkungsgesetz von Guldberg und Waage die chemischen Um-
setzungen zwischen zwei oder zahlreicheren Körpern, wie sie in den
Zellen sich vorfinden, von den beteiligten Massen, d. h. ihren Kon-
zentrationen, abhängig sein. Von größter Bedeutung ist die Tat-
sache, daß durch die Konzentrationsverhältnisse die Richtung der
chemischen Prozesse bestimmt werden kann, da das gleiche
Ferment sowohl Spaltungen als auch, bei einer gewissen Konzen-
tration des Spaltungsproduktes, Synthesen hervorrufen kann. So
liegt der Gedanke nahe, daß in dem lebenden System der
Zelle, tvo beständig Änderungen der Konzentrationen erfolgen,
 
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