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Buddenbrock, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1916, 1. Abhandlung): Einige Bemerkungen über den Lichtsinn der Pulmonaten — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34596#0021
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Einige Bemerkungen über den Lichtsinn der Pulmonaten. (B. 1) 13
Der Physiologe ist außerstande zu prüfen, ob ein Tier einen
Gegenstand sieht oder nicht. Er kann nur feststellen, ob es auf
diesen oder jenen optischen Eindruck reagiert. Dies sind zwei
grundverschiedene Sachen, die häufig nicht genug auseinander-
gehalten werden. Es braucht durchaus nicht auf jeden optischen
Eindruck eine Reaktion zu erfolgen, oder anders ausgedrückt, aus
dem Nichtreagieren darf in keiner Weise auf ein Unvermögen des
Auges geschlossen werden. Diesen Fehler, in welchem mir ein Rest
anthropozentrischer Denkungsart zu stecken scheint, macht
WiLLEM. Für den Menschen ist das Auge gewissermaßen das
Universalsinnesorgan, das in allen Lebenslagen zu. Rate gezogen
wird, bei ihm fällt folglich Nichtreagieren und Nichtsehen fast
stets zusammen. Aber schon bei vielen höheren Wirbeltieren
gilt dies nicht. So kümmert sich z. B. der Hase durchaus nicht
um den bewegungslos dastehenden Jäger, sondern hüpft dicht an
ihn heran, bleibt vor ihm sitzen und äst. Sobald aber der Jäger
die kleinste Bewegung macht, läuft der Hase davon. Hieraus wird
niemand schließen wollen, daß der stillstehende Jäger kein Bild
auf der Retina des Hasen entworfen hätte, sondern nur, daß der
Hase auf bewegungslose Gegenstände nicht achtet, d. h. der
optische Eindruck wird im Gehirn nicht verwertet.
Genau so mutatis mutandis steht es mit den Schnecken. Das
Schneckenauge ist ein Spezialorgan, das nur unter gewissen Um-
ständen benutzt wird. Wenn also die Schnecke in dem Versuch von
WiLLEM die Schote nicht findet, solange sie in der Glasröhre steckt,
so beweist dies nicht, wie WiLLEM meint, daß die Schote nicht ge-
sehen wird, was allerdings eine außerordentliche Kurzsichtigkeit,
ja nahezu Blindheit des Schneckenauges bedeuten würde, sondern
es zeigt nur, daß das Auge keine Rolle beim Aufsuchen der Nahrung
spielt, die vielmehr lediglich mit Hilfe des Geruchssinns gefunden
wird.
Die übrigen Versuche WiLLEMS können kürzer besprochen
werden. Sie beziehen sich samt und sonders auf das Vermeiden
von Hindernissen und laufen alle darauf hinaus, daß solche Hinder-
nisse, die man den Schnecken in den Weg legt, erst in einer Ent-
fernung von wenigen Millimetern beachtet werden. Erst dann
weicht sie aus, häufig genug tritt aber auch hier eine direkte
Berührung des Gegenstandes mit der Fühlerspitze ein. Hieraus
folgert WiLLEM: «que la distance de la Vision distincte doit etre
estimee ä un ou deux millimetres. &
 
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