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Buddenbrock, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1917, 1. Abhandlung): Die Lichtkompaßbewegungen bei den Insekten, insbesondere den Schmetterlingsraupen — Heidelberg, 1917

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34624#0028
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20 (B. 1)

W. VON BUDDENBROOK:

des Tieres: Das eine Tier wird beispielsweise phototropisch, wenn
es hungrig ist, ein zweites bei Luftmangel oder in schlechtem
Wasser, bei Verfolgung durch Feinde usw. Befindet sich das Tier
nicht in diesem spezifischen Zustande, so reagiert es absolut nicht
auf den hellsten oder dunkelsten Lichtstrahl.
2. Der Phototropismus bewirkt stets eine Ausschaltung der-
jenigen Schädlichkeit, die am Anfänge der Bewegung als aus-
lösender Reiz tätig war:
Das hungrige Tier wird durch seine Bewegung zu neuer Nahrung
geführt, das an Luftmangel leidende in frische Luft, das vom
Feinde verfolgte in eine Gegend, die größere Sicherheit bietet usw.
Kurz, die Bewegung hat stets regulatorischen Charakter im Sinne
der Vitalisten bezw. sie ist eine komplizierte Anpassungsbewegung
im Sinne evolutionistischer Betrachtungsarth
Als genaueres Beispiel dieser Gruppe phototropischer Bewe-
gungen möchte ich das Benehmen von GyprN anführen. Das Tier
hält sich gewöhnlich zwischen Wasserpflanzen auf, ohne irgend-
wie auf Lichtreize zu reagieren. Sobald man aber das Wasser
erschüttert, wird der Muschelkrebs positiv geotropisch und negativ
phototropisch, sucht also den tiefsten und dunkelsten Teil seines
Behälters auf. So entzieht er sich eventuellen Feinden, deren
Herannahen ihm ebenfalls durch die Erschütterung des Wassers
kenntlich wird.
Im Gegensatz hierzu ist der nächtliche Phototropismus der
Insekten und zahlreicher anderer Tiere durch folgende negative
Merkmale charakterisiert:
1. Der Phototropismus ist nicht an einen bestimmten Reiz-
zustand des Tieres gebunden, sondern er tritt, die betreffenden
Beleuchtungsverhältnisse vorausgesetzt, immer ein.
2. Der Phototropismus ist von keinem Nutzen für das Tier
begleitet, er ist sogar häufig geradezu schädlich und führt den
Tod des Tieres herbei.
Gerade diese Schädlichkeit ist von alters her als das Auf-
fallendste an dieser Erscheinung betrachtet worden; sie dürfte
nahezu das einzige Beispiel einer schädlichen Instinkthandlung
i Zu diesen Anpassungsbewegungen gehören logischerweise auch die-
jenigen Reflexe, welche das Tier einem Lichtoptimum zuführen, soweit es
sich dabei nicht um sogenannte Unterschiedsempfindlichkeit handelt.
 
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