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VON WEIZSÄCKER:
es sich bei alledem um denselben Vorgang handelt, richtig sein,
so hätten wir unsere Anschauung über Totenstarre und verwandte
Vorgänge dahin zu revidieren, daß diese Erscheinungen mit Oxy-
dationen verbunden sind. Es ist schon lange bekannt, daß ihr
besonderer Ablauf durch An- oder Abwesenheit von Sauerstoff
entschieden beeinflußt wird. Nochmals ist an das oben erwähnte
Ausbleiben systolischer Kontrakturen bei Oxydationshemmung zu
erinnern.
Die Deutung dieser Sauerstoffzehrung bei starken
Vergiftungen durch indifferente Narkotika steht noch dahin.
Es wird an besondere Störungen im physikalisch-chemischen Zu-
stande der oxydabeln Substanzen und der Oxvdasen zu denken
sein. Zucker und Fermente müssen in der Zelle nebeneinander
liegen, aber zum Eintritt der Oxydation müssen besondere Bedin-
gungen eintreten, z. B. eine Erregung. Daß auch andere Zustands-
änderungen ähnliches bewirken können, ist durchäus denkbar.
Solche Bedingungen könnten auch durch die besprochenen Sub-
stanzen geschaffen werden, sei es nun durch gewisse physikalisch-
chemische Zustandsänderungen, sei es auf dem Wege des physio-
logischen Erregungsvorganges, wobei nur der mechanische Effekt
unmerklich bliebe oder wegfiele. Untersuchungen der eventuellen
Aktionsströme wären hier von wesentlicher Bedeutung.
Diese Beobachtungen über abnorme Sauerstoffzehrungen im
Muskel bringen zugleich zum Bewußtsein, wie wenig statthaft es
ist, allein aus Gasuntersuchungen energetische Schlüsse zu ziehen.
Das Verschwinden von Sauerstoff ist kein Maßstab für die vor-
kommende Wärmetönung, ebenso wie auch bei fehlenden Oxyda-
tionen beträchtliche Energiewandlungen möglich sind.
Was ergibt die myothermische Untersuchung der
Alkoholvergiftung ? Meine Untersuchung^ beschränkte sidh
bisher auf die Wirkung des Äthylalkohols am Skeletmuskel. Sie
ergab, daß im Gegensatz zur Cyanvergiftung die Wärmebildung
im großen und ganzen sich ebenso verhält wie der Sauerstoff-
verbrauch am alkoholvergifteten Froschherzen. Bei den kleineren
Konzentrationen von Äthylalkohol (2—3%) fand sich die Abnahme
von isometrischer Zuckung und Wärmebildung ungefähr propor-
tional oder für die Zuckungshöhe etwas größer. Bei 3—5% Alko-
hol aber nahm die Zuckungshöhe rasch ab, während ein gewisser
Prozentteil der Zuckungswärme noch produziert wurde. Schließ-
lich bietet sich aber das interessante Bild, daß mit jedem elektri-
VON WEIZSÄCKER:
es sich bei alledem um denselben Vorgang handelt, richtig sein,
so hätten wir unsere Anschauung über Totenstarre und verwandte
Vorgänge dahin zu revidieren, daß diese Erscheinungen mit Oxy-
dationen verbunden sind. Es ist schon lange bekannt, daß ihr
besonderer Ablauf durch An- oder Abwesenheit von Sauerstoff
entschieden beeinflußt wird. Nochmals ist an das oben erwähnte
Ausbleiben systolischer Kontrakturen bei Oxydationshemmung zu
erinnern.
Die Deutung dieser Sauerstoffzehrung bei starken
Vergiftungen durch indifferente Narkotika steht noch dahin.
Es wird an besondere Störungen im physikalisch-chemischen Zu-
stande der oxydabeln Substanzen und der Oxvdasen zu denken
sein. Zucker und Fermente müssen in der Zelle nebeneinander
liegen, aber zum Eintritt der Oxydation müssen besondere Bedin-
gungen eintreten, z. B. eine Erregung. Daß auch andere Zustands-
änderungen ähnliches bewirken können, ist durchäus denkbar.
Solche Bedingungen könnten auch durch die besprochenen Sub-
stanzen geschaffen werden, sei es nun durch gewisse physikalisch-
chemische Zustandsänderungen, sei es auf dem Wege des physio-
logischen Erregungsvorganges, wobei nur der mechanische Effekt
unmerklich bliebe oder wegfiele. Untersuchungen der eventuellen
Aktionsströme wären hier von wesentlicher Bedeutung.
Diese Beobachtungen über abnorme Sauerstoffzehrungen im
Muskel bringen zugleich zum Bewußtsein, wie wenig statthaft es
ist, allein aus Gasuntersuchungen energetische Schlüsse zu ziehen.
Das Verschwinden von Sauerstoff ist kein Maßstab für die vor-
kommende Wärmetönung, ebenso wie auch bei fehlenden Oxyda-
tionen beträchtliche Energiewandlungen möglich sind.
Was ergibt die myothermische Untersuchung der
Alkoholvergiftung ? Meine Untersuchung^ beschränkte sidh
bisher auf die Wirkung des Äthylalkohols am Skeletmuskel. Sie
ergab, daß im Gegensatz zur Cyanvergiftung die Wärmebildung
im großen und ganzen sich ebenso verhält wie der Sauerstoff-
verbrauch am alkoholvergifteten Froschherzen. Bei den kleineren
Konzentrationen von Äthylalkohol (2—3%) fand sich die Abnahme
von isometrischer Zuckung und Wärmebildung ungefähr propor-
tional oder für die Zuckungshöhe etwas größer. Bei 3—5% Alko-
hol aber nahm die Zuckungshöhe rasch ab, während ein gewisser
Prozentteil der Zuckungswärme noch produziert wurde. Schließ-
lich bietet sich aber das interessante Bild, daß mit jedem elektri-