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Weizsäcker, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1917, 2. Abhandlung): Über die Energetik der Muskeln und insbesondere des Herzmuskels sowie ihre Beziehung zur Pathologie des Herzens — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.34625#0015
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Über die Energetik der Muskeln. (B. 2) 15
ganz unmerklichem mechanischem Effekt auch der Sauerstoff-
verbrauch für die Extraerregung fast oder ganz unmerklich wird.
Für einen quantitativ in Betracht kommenden Energieverbrauch
der Erregung spricht also nichts. Die Aktionsströme als solche
fallen energetisch natürlich nicht ins Gewicht (vgl. Zyanvergiftung).
Unter pathologischen Verhältnissen sind diese Voraussetzungen
freilich nicht mehr erfüllt (s. u. bei Alkoholwirkung).
3. Der Einfluß der Temperatur.
Ohne Zweifel ist die Frage des Temperatureinflusses auf die
Energetik des Muskels auch wegen ihrer theoretischen Bedeutung
eine der wichtigsten. Es ist daran zu erinnern, daß der zweite
Hauptsatz der Wärmetheorie die Beziehungen ausspricht, welche
zwischen den Temperaturverhältnissen einer arbeitenden Maschine
und ihrem Wirkungsgrad bestehen. Die absolute Temperatur ist
von fundamentaler Bedeutung für die freie Energie eines Systems.
Ein bündiger Beweis dafür, daß die Organismen dem zweiten
Hauptsatz der Wärmetheorie oder dem allgemeineren Satze von
der Vermehrung der Entropie folgen, ist bisher nicht erbracht
worden. Von verschiedenen Seiten, z. B. auch von HELMHOLTZ,
wurde die Frage als zweifelhaft angesehen.
Das thermodynamische Verhalten des Muskels bei verschie-
dener Temperatur hat ferner darum Interesse erweckt, weil es
Anhaltspunkte bietet für die Theorie der Kontraktion. Wenn man
nämlich einmal voraussetzen darf, daß der zweite Hauptsatz gilt,
so ergibt sich folgendes. Aus myothermischen Versuchen glaubte
FiCK den Beweis zu erbringen, daß wir im Muskel keine Wärme-
maschine vor uns haben. Denn der hohe Wirkungsgrad setzt bei
einer Wärmemaschine ein Temperaturgefälle voraus, welches mit
den Lebensbedingungen der Zellen unvereinbar ist, und über-
dies bei der Winzigkeit dieser Gebilde ganz undenkbar steile Gra-
dienten notwendig machen würde. Doch sollte man bei Ficus
Argument nicht übersehen, daß es nur unter der Voraussetzung-
Gewicht hat, der zweite Hauptsatz gelte in der uns geläufigen
Form auch für Muskeln. — BERNSTEIN hat dann darauf aufmerk-
sam gemacht, daß die verschiedenen Arten arbeitliefernder Systeme
(Wärmemaschine, galvanisches Element, Quellung usw.) in cha-
rakteristischer Weise bei steigender Temperatur steigende oder
fallende freie Energie besitzen. Gelänge es, nachzuweisen, welches
 
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