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Lauterborn, Robert ; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1918, 1. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms, 3 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.38876#0040
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32 (B.1)

Robert Laüterborv.

des Meeres bedroht war, 'könnte der Mensch sich nur in stetem Kampf
mit dem feindlichen Elemente behaupten. Die ältesten Bewohner,
von denen wir Kunde haben, suchten ihre Siedelungen auf künstlich
autgeschütteten Erdhügeln, Terpen, Wierden und Worten genannt,
zu bergen. Bei Zunahme der Bevölkerung und Eortschreiten der
Kultur genügten diese kümmerlichen Einzelsicherungen, von denen
Plinius (Hist. nat. Lib. XVI 1) eine klassische Schilderung ge-
geben hat, nicht mehr. Schon die Römer haben hier Dammbauten
ausgeführt und Stromarme verlegt ; germanische Stämme, Friesen,
Franken und Sachsen setzten das gewaltige Sicherungswerk fort.
In vielhundertjähriger zäher Arbeit wurden so die Arme des Rheins
immer mehr in feste Bahnen geleitet, die Ufer mit starken Däm-
men befestigt, hier neue Mündungswege eröffnet, dort alte ver-
schlossen, alle Gewässer durch ein Netz von Kanälen verbunden.
Dazu kam eine fortschreitende Entwässerung des tiefer liegenden
Geländes, die zahlreiche Seen, Rohrsümpfe und Torfmoore ein-
polderte, trocken legte und in Felder und Wiesen umwandelte.
So ist jetzt- der ganze Lauf und der Abfluß des Rheins im Mün-
dungsgebiet durchweg künstlich geregelt, alles der Überflutung
ausgesetzte Land durch Dämme geschützt und vieles von dem,
was einst das Meer verschlang, neu gewonnen. Der alte Wahl-
spruch der Provinz Seeland: Luctor et emergo hat- sich
auch hier bewährt.

Der jetzige Stromlauf. — Nach seinem Eintritt in
die Ebene nimmt der Rhein bald völlig den Charakter des Tief-
landstroms an. Das Gefälle vermindert• sich immer mehr, das
Bett wird breiter und der Lauf legt sich in Windungen, die nament-
lich zwischen der Wupper- und Ruhrmündung in weitausholenden
Bogen einander folgen. Die Ufer sind gegenwärtig fast überall
geschlossen und befestigt ; aber ein Geflecht alter, jetzt meist- ver-
landeter Flutrinnen, die sich den jetzigen Stromlauf entlang
ziehen, gibt Kunde von zahlreichen Durchbrüchen und Verlagerun-
gen, die der Talweg des Rheins hier bis über das Mittelalter hinaus
erfuhr1. Künstliche Durchstiche einzelner Windungen erfolgten

1 So hat beispielsweise ein im 14. Jahrhundert bei W orringen unter-
halb Köln erfolgter Durchbruch dem Rhein bis Düsseldorf ein völlig neues
Bett gegeben. Weitere Durchbrüche fanden bei Rheinberg noch 1647—1651
Stellt.
 
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