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Bluntschli, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 6. Abhandlung): Anatomie als pädagogische Aufgabe — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.36558#0028
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28 (B. 6)

H. BLUNTSCHLi:

heit hat. Kluge Auswahl aus dem reichen Stoff, klare und viel-
seitige Beleuchtung einzelner, beispielsweise herangezogener Ver-
hältnisse, Hinblick auf die Stellung des Alenschen zur übrigen
belebten Natur, Hervorhebung der Gesetzmäßigkeit im Geschehen,
der Einheit der menschlichen Art, der Grenzen individueller Varia-
tionen und dergleichen mehr können solche, durch Vorweisungen
zu belebende Vorlesungen außerordentlich anziehend und segens-
reich machen. In der Themastellung ist Gelegenheit zu Abwechs-
lung in mehrsemestrjgem Turnus leicht zu finden und sollte auch
wirklich in ausgedehntem Grade gehandhabt werden, damit unsere
so reiche Disziplin nach allen Seiten das schenkt, was sie zu geben
vermag, sofern sie sich nicht selbst hinter den Mauern des Spezia-
listentums verschanzt. Denn unsere Anatomie ist ein Teil der
Naturwissenschaft von jeher gewesen, und so sehr sie auch im
von mir gewiß nicht gering eingeschätzten Dienste der Medizin
steht, sie muß trotzdem stets auch wahre und reine Naturwissen-
schaft bleiben können, soll sie nicht Schaden erfahren in ihrem
Marke.
3. Die pädagogische Aufgabe der Anatomie in der spe-
ziellen, rein fachgemäßen Ausbildung.
Indem ich diese vom Standpunkt der reinen Wissenschaft aus
gewiß bedeutsamste Aufgabe hier erst an dritter Stelle berühre,
wünsche ich damit durchaus nicht dieselbe in ihrem Werte und ihrer
Bedeutung herabzusetzen. Ich rechne vielmehr einfach mit der
realen Tatsache, daß der hier in Betracht kommende Aufgaben-
kreis, rein äußerlich betrachtet, sich seit langem nur an eine im
ganzen recht beschränkte Zahl von Lernenden wendet, daß sich
hier jeder Lehrer mit vollem Hecht mehr oder minder eigene Ziele
setzt und Wege auswählt und die von jeher gebräuchliche Methode
weitgehender Individualisierung niemals ernstlich gefährdet wor-
den ist. Gleichwohl gilt es auch da einige Punkte zu berühren,
die allgemeinerer Betrachtungsweise zugänglich sind. Wenn wir
einen älteren Studierenden oder einen jungen Arzt mit einer
speziellen Forschungsaufgabe betrauen und ihn die Mittel lehren,
ihm die Wege ebnen, die Aufgabe zu lösen, so erlebt er in der Begel
das, was alles echt wissenschaftliche Arbeiten immer mit sich
bringt: Begeisterung und Enttäuschung, Entdeckerfreude und Er-
kenntnis der Relativität jedes Forschern ganz von selbst, ohne daß
 
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