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H. BLUNTSCHLt:
rem Grade als bisher Einzug hält. Jedenfalls ist gerade die Ana-
tomie eines der Lehrfächer, wo die finanzielle Seite bei vernünftiger
Einstellung relativ geringe Schwierigkeiten bereiten dürfte, daher
auch gerade eines von jenen, wo der Versuch zu neuen Lösungen
zu kommen am ehesten angepackt zu werden verdient.
Ich gliedere die pädagogische Aufgabe der Anatomie, von der
ich hier sprechen will, in drei Teilaufgaben, die mehr oder minder
jedem akademischen Lehrer unseres Faches zufallen sollten. Die
erste besteht im Unterricht für den Studierenden der
Medizin ohne Rücksicht auf eventuelle spätere Spezialisierung
desselben, die zweite beruht auf der allgemeinen Bildungs-
aufgabe, die unserer Wissenschaft im Gesamtrahmen der Uni-
versitas literarum zu kommt und im allgemeinen stark unterschätzt
wird und die dritte sehe ich in der eigentlichen und speziel-
leren Fachbildung für alle jene, die Anatomie im weitesten
Sinne tiefer zu studieren wünschen als dies im Rahmen des regu-
lären Unterrichtes für Mediziner oder Hörer aller Fakultäten
möglich ist. Hieher gehören unter anderem die Anleitungen zu
selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten, vor allem aber auch die
heute noch fast ganz fehlenden systematischen Unterweisungen
und pädagogischen Einführungen für die jüngeren noch mehr oder
minder unselbständig arbeitenden Hilfslehrkräfte. Gerade auf
diesem Gebiet ist vieles versäumt worden und was sich in früheren
Zeiten im stetigen lebendigen Verkehr von Meister und Gehilfen
ohne große Schwierigkeit von selbst ergab, das ist in den Zeiten
der Rieseninstitute allmählich in erschreckendem Maße verloren
gegangen. Die Früchte dieser Unterlassung werden sich noch
zeigen, so weit sie nicht schon heute sich geltend machen. Damit,
daß man den angehenden Forscher an Forschungsaufgaben speziell-
ster Art setzt, ihn als Assistent in Kursen und bei Demonstratio-
nen sich betätigen läßt, ist meiner Erfahrung nach die richtige
Vorbereitung für den völlig selbständigen Lehrer, der er mit der
Habilitation wird, oder wenigstens bei richtiger Auffassung seines
Berufes werden sollte, nicht gegeben. Was da fehlt, wird später
zu bemerken sein.
1. Die pädagogische Aufgabe im Unterricht der Ana-
tomie für Studierende der Medizin.
Der junge deutsche Mediziner, welcher die Universität bezieht,
kommt zurzeit durchschnittlich mit einer recht bescheidenen natur-
H. BLUNTSCHLt:
rem Grade als bisher Einzug hält. Jedenfalls ist gerade die Ana-
tomie eines der Lehrfächer, wo die finanzielle Seite bei vernünftiger
Einstellung relativ geringe Schwierigkeiten bereiten dürfte, daher
auch gerade eines von jenen, wo der Versuch zu neuen Lösungen
zu kommen am ehesten angepackt zu werden verdient.
Ich gliedere die pädagogische Aufgabe der Anatomie, von der
ich hier sprechen will, in drei Teilaufgaben, die mehr oder minder
jedem akademischen Lehrer unseres Faches zufallen sollten. Die
erste besteht im Unterricht für den Studierenden der
Medizin ohne Rücksicht auf eventuelle spätere Spezialisierung
desselben, die zweite beruht auf der allgemeinen Bildungs-
aufgabe, die unserer Wissenschaft im Gesamtrahmen der Uni-
versitas literarum zu kommt und im allgemeinen stark unterschätzt
wird und die dritte sehe ich in der eigentlichen und speziel-
leren Fachbildung für alle jene, die Anatomie im weitesten
Sinne tiefer zu studieren wünschen als dies im Rahmen des regu-
lären Unterrichtes für Mediziner oder Hörer aller Fakultäten
möglich ist. Hieher gehören unter anderem die Anleitungen zu
selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten, vor allem aber auch die
heute noch fast ganz fehlenden systematischen Unterweisungen
und pädagogischen Einführungen für die jüngeren noch mehr oder
minder unselbständig arbeitenden Hilfslehrkräfte. Gerade auf
diesem Gebiet ist vieles versäumt worden und was sich in früheren
Zeiten im stetigen lebendigen Verkehr von Meister und Gehilfen
ohne große Schwierigkeit von selbst ergab, das ist in den Zeiten
der Rieseninstitute allmählich in erschreckendem Maße verloren
gegangen. Die Früchte dieser Unterlassung werden sich noch
zeigen, so weit sie nicht schon heute sich geltend machen. Damit,
daß man den angehenden Forscher an Forschungsaufgaben speziell-
ster Art setzt, ihn als Assistent in Kursen und bei Demonstratio-
nen sich betätigen läßt, ist meiner Erfahrung nach die richtige
Vorbereitung für den völlig selbständigen Lehrer, der er mit der
Habilitation wird, oder wenigstens bei richtiger Auffassung seines
Berufes werden sollte, nicht gegeben. Was da fehlt, wird später
zu bemerken sein.
1. Die pädagogische Aufgabe im Unterricht der Ana-
tomie für Studierende der Medizin.
Der junge deutsche Mediziner, welcher die Universität bezieht,
kommt zurzeit durchschnittlich mit einer recht bescheidenen natur-