Wissenschaftliches Denken und Forschen kennt kein anderes
Ziei als Erkenntnis der wahrhaftigen Wirklichkeit. Alle Wege,
die diesem Ziel entgegenführen, alle Mittel die solche Erkenntnis
erleichtern, alle folgerichtigen Schlüsse, die sich auf wahre Tat-
sachen gründen, gehören mit zu dem großen Rahmen, der wissen-
schaftliche Arbeit umspannt. Lebenswirkliche Praxis muß ebenso-
gut wie abstrakte Theorie wissenschaftlicher Betrachtungsweise
zugänglich sein und wenn der Gegensatz zwischen beidem, von
wissenschaftlichem Denken und lebenswahrem Handeln, oftmals
dazu verleiten möchte Wissenschaft und Praxis miteinander in
tieferen Gegensatz zu bringen, so liegt hier nur einer jener so ver-
fänglichen Trugschlüsse vor, auf die oberflächlich denkende Men-
schen leicht verfallen. In Wirklichkeit ist ein Gegensatz zwischen
Theorie und Praxis gerade durch eine tiefgehende und vielseitige
Wissenschaft wohl überbrückbar und durchaus nicht zu allen Zeiten
als eigentlicher Gegensatz empfunden worden. Es ist vielmehr
das Kennzeichen bestimmter Perioden der Geistesgeschichte wenn
Wissenschaft und Lebenskunst auseinander, statt zu einander
streben und wenn statt der Einheitlichkeit der Grundmotive
gegenseitige Verkennung und einseitige Uber- bezw. Unterschätzung
sich geltend machen. In solchen Perioden bildet sich trotz reicher
Entfaltung wissenschaftlicher Tätigkeit, die dabei äußerlich schöne
Früchte tragen kann, der Gegensatz zwischen Wissenschaft und
Leben dadurch aus, daß das wissenschaftliche Denken sich im
einzelnen allzusehr verliert, im Unübersehbaren zersplittert und
den Überblick über das Ganze und Wesentliche mehr oder minder
verliert. Solche Zeiten kennen mehr Wissenschaften als alles um-
fassende Wissenschaft und auf sie folgt immer wieder eine Periode
anderer Art, da sich der Drang zur Synthese, zum einheitlicheren,
lebenswirklicheren Erfassen der Dinge in ihrer Gesamterscheinung
mit starker Kraft geltend macht. Es spricht sehr vieles dafür,
daß wir heute wieder einmal am Anfang einer solchen Periode
zusammenfassenden Willens stehen und es ist vor allem ein Mo-
ment, das kaum in anderem Sinne gedeutet werden kann, ich meine:
das allüberall sich geltend machende Verlangen nach einem Wandel
und einer tieferen Basierung der wissenschaftlichen Lehre und
Ausbildung.
1*
Ziei als Erkenntnis der wahrhaftigen Wirklichkeit. Alle Wege,
die diesem Ziel entgegenführen, alle Mittel die solche Erkenntnis
erleichtern, alle folgerichtigen Schlüsse, die sich auf wahre Tat-
sachen gründen, gehören mit zu dem großen Rahmen, der wissen-
schaftliche Arbeit umspannt. Lebenswirkliche Praxis muß ebenso-
gut wie abstrakte Theorie wissenschaftlicher Betrachtungsweise
zugänglich sein und wenn der Gegensatz zwischen beidem, von
wissenschaftlichem Denken und lebenswahrem Handeln, oftmals
dazu verleiten möchte Wissenschaft und Praxis miteinander in
tieferen Gegensatz zu bringen, so liegt hier nur einer jener so ver-
fänglichen Trugschlüsse vor, auf die oberflächlich denkende Men-
schen leicht verfallen. In Wirklichkeit ist ein Gegensatz zwischen
Theorie und Praxis gerade durch eine tiefgehende und vielseitige
Wissenschaft wohl überbrückbar und durchaus nicht zu allen Zeiten
als eigentlicher Gegensatz empfunden worden. Es ist vielmehr
das Kennzeichen bestimmter Perioden der Geistesgeschichte wenn
Wissenschaft und Lebenskunst auseinander, statt zu einander
streben und wenn statt der Einheitlichkeit der Grundmotive
gegenseitige Verkennung und einseitige Uber- bezw. Unterschätzung
sich geltend machen. In solchen Perioden bildet sich trotz reicher
Entfaltung wissenschaftlicher Tätigkeit, die dabei äußerlich schöne
Früchte tragen kann, der Gegensatz zwischen Wissenschaft und
Leben dadurch aus, daß das wissenschaftliche Denken sich im
einzelnen allzusehr verliert, im Unübersehbaren zersplittert und
den Überblick über das Ganze und Wesentliche mehr oder minder
verliert. Solche Zeiten kennen mehr Wissenschaften als alles um-
fassende Wissenschaft und auf sie folgt immer wieder eine Periode
anderer Art, da sich der Drang zur Synthese, zum einheitlicheren,
lebenswirklicheren Erfassen der Dinge in ihrer Gesamterscheinung
mit starker Kraft geltend macht. Es spricht sehr vieles dafür,
daß wir heute wieder einmal am Anfang einer solchen Periode
zusammenfassenden Willens stehen und es ist vor allem ein Mo-
ment, das kaum in anderem Sinne gedeutet werden kann, ich meine:
das allüberall sich geltend machende Verlangen nach einem Wandel
und einer tieferen Basierung der wissenschaftlichen Lehre und
Ausbildung.
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