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Wilhelm Windelband:
wandelt hat, braucht nicht näher ausgeführt zu werden: der
logische Sinn der Sache ist derselbe geblieben.
Das Zweite ist, daß die Anwendung der Kategorie durch
die Vorstellungsinhalte selhst bedingt ist: die Beziehung, die
im Vergleichungsurteüe gedacht wird, ist ein Verhältnis der
Vorstellungsinhalte zueinander, das darum noch nicht
(und darin eben besteht der Unterschied zwischen reflexiven
und konstitutiven Kategorien) ein reales Verhältnis der Gegen-
stände zueinander bedeutet. Und fragen wir, worin dabei das
Verhältnis der Vorstellungsinhalte zueinander besteht, so ist
es eben dies, daß in beiden „Einunddasselbe“, jenes aristote-
lische ev, enthalten und zum Sinn des reflektierenden Denkens
gemacht worden ist. Die reflexiven Kategorien sind Beziehungen
der Vorstellungsinhalte ohne Rücksicht auf die Gegenstände.
Betrachtet man deshalb das Denken als Bewußtseinsvorgang
unter dem Gesichtspunkte der Psychologie, so nimmt die Gleich-
heit die Bedeutung einer wirklichen Beziehung zwischen Be-
wußtseinszuständen, d. h. einer psychischen Identität, an. Als
solche figuriert sie in der Theorie der Assoziation. Wenn in
dieser — um die Ausdrücke der klassischen Assoziationstheorie,
der HuME’schen, anzuwenden 36) — die Gleichheit bzw. Ahnlich-
keit zu denjenigen Relationen gerechnet wird, die nicht nur
„philosophische“, sondern auch „natürliche“ sind, wenn sie
ein Prinzip der Assoziation, d. h. ein psychischer Fa.ktor
sein soli, so kann sie nicht erst in dem reflektierenden Denken
entspringen, sondern muß ein wirkliches Verhältnis der „Ideen“,
wir sagen jetzt lieber der Vorstellungsinhalte, bedeuten. Eine
Vorstellung soll eine andere, mit der sie noch nie im Bewußt-
sein zusammen war, reproduzieren, weil sie mit ihr gleich
oder ähnlich ist. Die Gleichheit muß also als psychisch wirk-
sames Verhältnis schon vorhanden sein, ehe die beiden Vor-
stellungen im Urteil verglichen werden können. Das besagt:
als psychischer Faktor, a.ls seelisc.h tätiges Prinzip kann die
Gleichheit nur in der realen Selbigkeit, d. h. in irgendeiner
Art von Identität bestehen. Wa.s eine solche Identität zwischen
einem unbewußt reproduzierbaren und einem im Bewußtsein
neu auftauchenden Vorstellungsinhalt als reales Gebilde be-
deuten soll, wie diese psychische oder psychophysische Identität
36) D. Hume, Treatise ///, 1.
Wilhelm Windelband:
wandelt hat, braucht nicht näher ausgeführt zu werden: der
logische Sinn der Sache ist derselbe geblieben.
Das Zweite ist, daß die Anwendung der Kategorie durch
die Vorstellungsinhalte selhst bedingt ist: die Beziehung, die
im Vergleichungsurteüe gedacht wird, ist ein Verhältnis der
Vorstellungsinhalte zueinander, das darum noch nicht
(und darin eben besteht der Unterschied zwischen reflexiven
und konstitutiven Kategorien) ein reales Verhältnis der Gegen-
stände zueinander bedeutet. Und fragen wir, worin dabei das
Verhältnis der Vorstellungsinhalte zueinander besteht, so ist
es eben dies, daß in beiden „Einunddasselbe“, jenes aristote-
lische ev, enthalten und zum Sinn des reflektierenden Denkens
gemacht worden ist. Die reflexiven Kategorien sind Beziehungen
der Vorstellungsinhalte ohne Rücksicht auf die Gegenstände.
Betrachtet man deshalb das Denken als Bewußtseinsvorgang
unter dem Gesichtspunkte der Psychologie, so nimmt die Gleich-
heit die Bedeutung einer wirklichen Beziehung zwischen Be-
wußtseinszuständen, d. h. einer psychischen Identität, an. Als
solche figuriert sie in der Theorie der Assoziation. Wenn in
dieser — um die Ausdrücke der klassischen Assoziationstheorie,
der HuME’schen, anzuwenden 36) — die Gleichheit bzw. Ahnlich-
keit zu denjenigen Relationen gerechnet wird, die nicht nur
„philosophische“, sondern auch „natürliche“ sind, wenn sie
ein Prinzip der Assoziation, d. h. ein psychischer Fa.ktor
sein soli, so kann sie nicht erst in dem reflektierenden Denken
entspringen, sondern muß ein wirkliches Verhältnis der „Ideen“,
wir sagen jetzt lieber der Vorstellungsinhalte, bedeuten. Eine
Vorstellung soll eine andere, mit der sie noch nie im Bewußt-
sein zusammen war, reproduzieren, weil sie mit ihr gleich
oder ähnlich ist. Die Gleichheit muß also als psychisch wirk-
sames Verhältnis schon vorhanden sein, ehe die beiden Vor-
stellungen im Urteil verglichen werden können. Das besagt:
als psychischer Faktor, a.ls seelisc.h tätiges Prinzip kann die
Gleichheit nur in der realen Selbigkeit, d. h. in irgendeiner
Art von Identität bestehen. Wa.s eine solche Identität zwischen
einem unbewußt reproduzierbaren und einem im Bewußtsein
neu auftauchenden Vorstellungsinhalt als reales Gebilde be-
deuten soll, wie diese psychische oder psychophysische Identität
36) D. Hume, Treatise ///, 1.