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Windelband, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 14. Abhandlung): Über Gleichheit und Identität — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32160#0008
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Wilhelm Windelband:

der „Sicherung“ und der ..Affrrmation“ 20) nicht als ldentitäts-
Urteil oder gar als „identisches Urteil“ hezeichnen. Es ist
charakteristisch, daß die Formel A ist A, die dann nach der be-
kannten, für zahlreiche Logische Irrtümer verantwortlichen
Schematisierung gern in die andere A = A übergeführt worden
ist, dazu Anlaß gegehen hat, die Identität einen Begriff zu
nennen, „der aus der Vergleichung eines Dinges (lediglich)
mit sich selbst entspringt“. 21) Diese Selbstvergleichung als der
unglückliche Versuch, auch das noch zu vergleichen, was die
Voraussetzung alles Vergleichens bildet, erinnert einigermaßen
scholastisch an die Aseität oder die Causa sui, die Selbst-
verursachung dessen, was Voraussetzung jedes ursächlichen
Zusammenhangs ist. Die Verdoppelung des A, zu dem Zwecke,
beide nachher identisch zu setzen, übersieht, daß dabei gerade
die beiden A voneinander unterschieden werclen: so löst sich
das Urteil in eine endlose Dialektik auf. Im wirklichen Denken
kommt das sogenannte identische Urteil eigentlich nur als eine
rhetorische Form vor, deren Sinn in irgendeinem unausge-
sprochenen Nebengedanken steckt: Pmcht ist Pmcht (sc. und
soll es hleiben), Mensch ist Mensch (sc. was er auch sonst sei),
Sunt pueri pueri (sc. puerilia tractant).

II.

Hiermit hängt es nun zunächst zusammen, daß das
Ctleichheitsurteil nur über solche Inhalte gefällt werden
kann, die voneinander unterschieden werden. Gleichheit ist ein
Verhältnis, worin Verschiedenes zueinander steht. 22) Selbst
wenn zwei Vorstellungsinhalte als völlig gleich beurteilt werden
sollen, müssen sie wenigstens als Vorstellungszustände noch
voneinander unterschieden werden. Aber das Maß dessen, was
in den verglichenen Vorstellungen gleich sein muß, und dessen,
was dabei in ihnen ungleich sein darf, ist keineswegs ein-
deutig hestimmt und selbstverständlich: es hängt in jedem be-
sonderen Falle von dem Standpunkte der Reflexion ab 23), und

20) Vgl. Cohen, a. a. 0., p. 81.

21) Vgl. Bolzano, Betrachtangen üher einige Gegenstände der Elementar-
geometrie, p. 44 ; zitiert bei Cohen, a. a. 0., p. 85.

22) So hat auch Bolzano a. a. 0. defmiert : „Die Verschiedenheit teile
ich in die zwei kontradiktorischen Spezies : Gleichheit und Ungleichheit.
Somit setzt Gleichheit die Verschiedenheit voraus.“

23) Vgl. E. v. Hartmann, Kategorienlehre, p. 199.
 
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