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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph; Schelling, Caroline; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Frank, Erich [Bearb.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 1. Abhandlung): Rezensionen über schöne Literatur von Schelling und Caroline in der Neuen Jenaischen Literatur-Zeitung — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32876#0022
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Erich Frank :

von ihm gesammelt wurden? — Eine andere Bemerkung ist die, daß, seit
Einige — unseres Bedünkens nach sehr ungeschickt, insofern sie den Ruhm
des Hr. v. K. unterdrüeken wollten, — denn dieser ist dadurch nur glän-
zender aus der Asche, die er selbst einmal büßend auf sein Haupt gestreut
hatte, emporgestiegen — seit also Einige sich es einfallen ließen, Witz über
ihn zu haben, ist er seiner Seits im Witz unendlich vorwärts gegangen ; er hat
ihn sowohl in mehrere Zweige ausgebildet, als auch mehr Leben und Schalk-
heit darin gewonnen. An Keckheit, seinen Gegenstand zu unternehmen, hat
es ihm bekanntlich nie gefehlt; im rechtem Schwunge der Ausführung durfte
er jedoch zunehmen, und hat es so sehr gethan, daß man bekennen muß : er
ist gegenwärtig oft bis zum Verzweifeln witzig. Die Form der Erzählung und
der Fragmente ist diejenige, welche er zu dem Ende am meisten cultivirt.
— Endlich müssen wir auch die Consequenz loben, zu der er gediehen ist.
Denn, wenn eine noch so gesunde Urtheilskraft schwanken, sich von Vorliebe,
Abneigung oder Laune irgend einmal verführen lassen kann, aus der Bahn zu
schweifen, so ist Hr. v. K. aller Phantasie zum Trotz, die man bey ihm
voraussetzen darf, über gewisse Dinge unerschütterlich und unbestechlich ;
sein Abscheu ist constant, sobald es auf das sogenannt-wahrhaft Große und
Gute, das Geheiligte, das Tiefsinnige ankommt. Er verfolgt es vom Höchsten
an bis auf die letzte Spur, bis zu den schwächsten Bemühungen, und der-
gestalt, daß es augenscheinlich nicht die Schwachheit, sondern die Bemühung
ist, welche ihn reizt. Wir können dieses alles zwar nur mit Wenigem hier an-
deuten, die Belege dazu aber werden sich beym Durcliblättern dieses reichen
Vorrathes fmden. — Er ist unter folgende Abschnitte gebracht : Roman, Er-
zählungen, Anekdoten, Miscellen. Das erste Buch eines Romans in zwey
Büchern, des Pfarrers Tochter, führt eine scherzhaft gefühlvolle oder eine
gefühlvoll scherzhafte Geschiclite bis an den Wendepunkt, wo die schöne
Pfarrerstochter an einen eitelen, jungen Mann in der Residenz verheyratet und
beynahe von seiner Schwachheit angesteckt, im Kampf begriffen ist, ob sie zur
Weihnachtszeit den alten Vater auf dem Lande besuchen oder einen glän-
zenden Aufzug auf einer Maskerade, als Siegesgöttin, mitmachen soll. Was
wird die arme Frau thun, den Sieg vorstellen oder den Sieg davon tragen?
Sie hat, wie es scheint, eine ganz unschuldige Freude am Bewundertwerden ;
man sollte sie nieht so hart auf die Probe stellen, bey der es ihr gehen
könnte, wie dem Nachtwandler, der erst fällt, wenn man ihn auf seine
Schritte aufmerksam macht. Auf diese Weise wird die Sünde recht herbey-
gelockt, und das Übei liegt hier hauptsäclilich doch nur darin, daß die Frau
einen gar unverständigen Mann hat, ob ihm gleich ein „heller Kopf“ zu-
geschrieben wird. Indessen ist diese, auf ein freundliches Glatteis geführte,
Tugend schwerlich der eigentliche Kern der Gescliichte, sondern er liegt so
zu sagen in der Schaale, in der Behandlung und den satirischen Zwischen-
spielen. Ehe der Mann aus der Residenz die Pfarrerstochter kennen lernt,
soll er eine fatale Kusine heyrathen, und wird von ihr und ihrer Mutter zu
einer Reise auf das Land eingeladen. Sie halten unterwegens ein Nachtlager,
der Vetter soll die Damen am Morgen clurch Klopfen wecken, ohne die Thür
zu öffnen, und verspricht während dem Klopfen „an Fichtes Prahlerey das
Päthsel cler Welt zu lösen zu denken, um jeden sündhaften Gedanken zu
entfernen“, jene schlafen aber ,yso fest wie Leiote, denen man Goethes Be-
kenntnisse einer schönen Seele vorliest“ ; er stößt also die Thür ein, vor
 
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