Metadaten

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph; Schelling, Caroline; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Frank, Erich [Oth.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 1. Abhandlung): Rezensionen über schöne Literatur von Schelling und Caroline in der Neuen Jenaischen Literatur-Zeitung — Heidelberg, 1912

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32876#0041
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Rezensionen über schone Literatur von Schelling und Caroline. 33
Sie fliegen auch in heldengleicher Wonne
Zur goldnen Freyheit auf, zu ihrer Sonne.
Meister schließt mit der Wiederholung der letzten Zeilen jener Stanzen :
Was fromme Helden fochten, Dichter sangen,
Ist doch nur Einer Seele Gottverlangen.
Von dem oben erwähnten Drama ist die Skizze folgende : Der Vater war
genöthigt, seine eben mutterlos gewordene Familie auf eine Zeitlang zu ver-
lassen und vertraut sie der Obhut eines Hofmeisters, der der erste ist, sich
der Verrücktheit, und zwar einer gereimten zu übergeben. Der älteste Sohn
(von 15 Jahren) wird ein arger Renommist, Rächer alles Unbildes, Verächter
aller hergebrachten Sitte, Spieler, wirft dem Minister die Fenster ein u. s. w.,
der jüngere macht Schauspiele. Sämtliche Dienerschaft schlägt der jungen
Herrschaft nach; die Bedienten und Köchin führen das Stück des jungen
Iierrn : Aeneas und Dido auf. Die Cousine des Hauses kann sich kein größeres
Vergnügen denken, als den rohen Vetter zu bilden, nicht um des Vetters,
sondern um des Bildens wegen, wird aber mit derben Wahrheiten von ihm
angelassen, wie auch die übrigen Thoren. Endlich sendet der Vater den Dorf-
schulmeister in die Stadt, um nachzusehen, wie es im Hause steht, der ihm
dann die Bescherung berichtet; er komrnt selbst, einige Polizeydiener in Be-
treff des ältesten jungen Ilerrn mit ihm. Nachdem die gehörigen Maßregeln
getroffen sind, um Ordnung herzustellen, giebt der Dorfschulmeister sclilüßlich
folgendes Sentiment von sich, das wir in manchen Bezug nicht anders wie
billigen können :
(an’s Parterre, indem er eine Ruthe vorhält) :
Dieß vvar die harte Zucht der alten Zeiten.
Auf Eseln ließ man da die Jugend reiten ;
Da kam in ihrem parfümirten Kleid
Die heutige, die liebe neue Zeit.
Es hieß, die Esel wären aus dem Thor. —
Die Menschheit kommt mir doch bedenklich vor.
Was besser frommt? Gott in der Höh sey Richter,
Ich mein’ ob span’sches Rohr, ob span’sche Dichter?
Das Ganze ist nun wahrhaft ein Spiel, alles luftig und lose ins Blaue hin,
auch ohne Groll gehalten ; die Verse und Diction allerliebst — eine Ent-
zückung des Schauspieldichters, der sich im Geist auf weiter Bühne auf-
geführt, herausgerufen, seinen Namen durch alle Welttheile getragen, endlich
gar sich vom Papst die Dichterkrone aufgesetzt erblickt, ist unvergleichlich.
Bey alle dem fehlt auch hier die innere Gründlichkeit, welche selbst dem Spiel
nur scheinbar mangeln darf, wenn es auf einige Dauer rechnen will; und wir
wagen nicht, viel über das bereits Geleistete hinaus von dem Vf. zu hoffen,
so sehr er Anlaß giebt, es zu wünschen. Bliebe es aber auch hiebey mit der
ihrn verliehenen Gabe, so hat sie doch immer eine heitere und frische Stunde
gewährt; ein Ruhm, dessen sich unsere obigen Bekannten nicht zu erfreuen
haben, die wir überliaupt gern, wenn es nicht unhöflich wäre, an den Dorf-
schulmeister verweisen möchten. N-j-d.

Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, philos.-hist. Kl. 1912, 1. Abh.

3
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften