Metadaten

Stoeckius, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 2. Abhandlung): Die Reiseordnung der Gesellschaft Jesu im XVI. Jahrhundert — Heidelberg, 1912

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32877#0030
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
30

Hermann Stoeckius:

hören, so müssen wichtige Ctründe seinen Ctebrauch rechtfertigen.
Pilgerfahrten und Erholungsreisen mußten unternommen werden,
doch den Novizen bzw. Mitgliedern wurde es oft schwer, die
Forderung des Wanderns zu erfüllen.155) Die Ordensleitung sah
sich also genötigt, um eines höheren Zweckes willen Rücksicht
zu nehmen auf die körperliche Schwäche einzelner Personen.156)
In solchen Fällen konnte niemand richtiger entscheiden als die
eigenen Obern.157) Wie aus Gesundheitsrücksichten das Halten
und Benutzen eines Reittieres zugelassen werden konnte, so sollte
es ferner besonders dienen zu amtlichen Reisen (im weiteren
Sinne)158): a) ad Igerenda negotia .Societatis vel alia, b) in
ministerium. Denn oft war der Weg zum Ziele recht weit, und
dann galt es, diesen Weg so schnell wie möglich zurückzulegen
(nicht Zeit verlieren, vielmehr sie gewinnen, war ihr AVahl-
spruch).159) Vor allem aber: die rasche Erledigung eines Auf-
trages kam nicht nur dem Orden selbst, sondern häufig auch dem
Wohle des katholischen Volkes zugute.160)
In der Hand des Obern lag als drit.te Möglichkeit, Angehörige
seines Hauses mit einem Reisebrief oder auch ohne ihn zu ent-
senden, je nachdem er bei seiner Entscheidung eine tiefere geist-
liche Erbauung des Nächsten oder die Beobachtung des gött-
lichen Gehorsams im Auge hatte.161) So wurde nach den Be-
stimmungen Nadals (1563) einem Novizen bzw. Ordensmitgliede,
von dem man nicht befriedigt war, auf seine Pilgerfahrt kein
Reisebrief mitgegeben: das hieß, ohne Stütze den Reisenden
auf siclr selber stellen, um ihm einmal Gelegenheit zu bieten,
der Welt noch rnehr abzusterben, und sich tüchtiger zu bewähren,
und dann auch zur Vorsicht.162) Denn manche Tür blieb ihm
dann verschlossen, größere Umsicht und Willenskraft waren nötig,
die Aufgabe durchzuführen.
Unterwegs durften nach der Ordensregel163) die rüstigen
155) Epp. Nad. IV, n. 34, p. 235. — 156) Inst. s. J. (Flor. Ausg.) P. G c. 2,
n. 14, K. II, 98; R. 115 Prov., III, 84; C. 3 d. 37 II, 227. — 157) Inst. s. J. (Flor.
Ausg.), C. 3 d. 37 II, 227. — 158) Inst. s. J. (Flor. Ausg.), P. 6 c. 2, n. 14, K II,
98; R. 115 Prov., III, 84; Epp. Nad. IV, n. 61, p. 556. — 159) Epp. Nad. IV,
n. 54, p. 328; MGP. I, n. 85, p. 411; Epp. Nad. IV, n. 67, p. 664. — 16°) Inst.
s. J. (Flor. Ausg.), P. 6 c. 2, n. 14, K. II, 98. Beziiglich der Klagen iiber das Halten
von Reittieren weise ich auf P. Duhrs interessante Ausführungen hin: Gesch. d.
Jes., p. 578 ff. — 161) Inst s. J. (Flor. Ausg.), P. 7 c. 2, G. II, 109; P. 7 c. 2, M, II,
110. — 162) Epp. Nad. IV, n. 61, p. 503. — 163) Inst. s. J. (Flor. Ausg.), R. 6
Peregr., III, 22.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften