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Stoeckius, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 7. Abhandlung): Ottaviano Cesare: ein Rechtsstreit zwischen Gesellschaft Jesu und Elternhaus — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33310#0024
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Hermann Stoeckius:

hörde von Messina statt, weil ja Ottaviano unter dem Schutze des
Vizekönigs von Sizilien stand. Da aber der König selbst unpäßlich
war, wurde die Verhandlung zwischen Vater und Sohn in Gegen-
wart des Stratigo, der höchsten Behörde von Messina 108), geführt.
Durch viele Vernunftgründe suchte der Sohn seinen Vater davon
zu überzeugen, daß die Veranlassung zu seinem Eintritt in die
Gesellschaft Jesu göttlichen Ursprungs wäre. Und schließlich gab
er die Erklärung ab, er wolle nicht nach Neapel zurückkehren. #
Sein Vater erklärte sich für überwunden und billigte auch seinen
Vorsatz. Dieser offiziellen Verhandlung folgten private Zusammen-
künfte. Teils sprach der Vater wiederholt seinen Sohn ohne
jede Beschränkung und ohne Zeugen, teils wurde er ins Kolleg der
Gesellschaft eingeladen 109), wie er denn überhaupt bis zum Tage
seiner Abreise mit den Angehörigen des Kollegs in Verkehr blieb.
Den Berichten zufolge erkannte der Vater inimer deutlicher seinen
Irrtum und ermahnte seinen Sohn, an seinem Vorsatze festzuhal-
ten und im Orden zu bleiben. Das Gesamtresultat seines Aufent-
halts auf Sizilien war darnach, daß er froh und zufrieden mit dem
Eintritt seines Sohnes in den Orden nach Neapel zurückkehrte 110).

schiedenen Auffassung seines Reisezweckes zu suchen sein. Der Vater ver-
sicherte wiederholt, er woile ja nicht seinen Sohn von der Gesellschaft ab-
trünnig machen, sondern nur seinen Sinn kennen lernen oder, mit anderen
Worten, sich nur überzeugen, ob sein Sohn den Ordensberuf aus eigenem
Entschluß auf Grund höherer Eingebung erwählt habe. Die Jesuiten dagegen
hatten die feste Überzeugung, er wolle ihn vom Ordensstande abwenden.
— i°8) Näheres über diese Behörde vid. Polanco, Chron., s. J., p. 190,
A. 1. — 109) Ich lasse hier die erbauliche Schilderung eines Vorgangs beim
Mittagsmahle folgen (cf. Epp. mixt., III, n. 671, p. 489): . . . Et fra le
altre cose, sentendo a quello pranso il suo figlio predicar’ sopra quello:
Dominus possedit me ab initio 6 ( 6 Prov. VIII, 22), etc., non si poteua
tenir’ in tauola di lacrymar’ grandissimamente. Et finita la preclica,
disse nell’ orechia al nostro Padre queste parole: Non ci e huomo che
non erri. Jo cognosco ch’ ho errato in uenir’ per questo effetto, perche
cossi e la uoluntä d’Iddio. -— uo) Annibal de Coudret, der Rektor des
Kollegs von Messina, schrieb am 18. September 1553 an Polanco: . . ., essor-
tando sempre suo figlio alla perseueranza, obedientia et humiltä (cf.
Epp. mixt., III, n. 671, p. 489). Und Ottauia'no bekannte in seiner Berufungs-
geschichte (29. September 1554): . . . m’exhortö alla humilitä et obedientia,
. . . (cf. Epp. mixt., IV, n. 867, p. 365ff.)• Darf man dieser Darstellung wirk-
lich Glauben schenken ? Sollte sie nicht vielmehr das Interesse der Ordens-
oberen an einer Verschleierung der ganzen Sachlage und einer Verfälschung
der Haltung des Vaters verdächtig machen ? Diese Fragen sind deshalb
so schwierig zu entscheiden, weil eben, wie ich bereits betonte (cf. supra
 
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