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Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1915, 3. Abhandlung): Das Völkerrecht der Zukunft — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34062#0008
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E. I. Bekker.

wohl war die nackte Negation falsch, da sie auf der von manchen
geteilten, aher doch irrigen Annahme heruhte, daß dem Wort
,,Recht" ein fest geschlossener Begriff entspreche, und also unter
Ausschluß jedes Dritten, das was nicht ,,Recht" ,,Unrecht" sein
müsse. Wie wohl den meisten anderen, war mir die Annahme
ohne viel Nachdenken unter dem Druck der naturrechtlichen
Lehren eingefallen. Doch schon flüchtige Erinnerungen aus der
Rechtsgeschichte mußten mich vom Gegenteil überzeugen. Was
wir Recht zu heißen gewöhnt sind, ist ein relatives Etwas, wih
sagen, daß in ihm nicht bloß das Ja und das Nein, sondern auch
das Mehr und das Weniger seinen Platz findet. Die Negation wäre
demnach dahin zu verbessern, daß wir zurzeit wohl kein fertiges
Staatenrecht, immerhin aber doch schon die Ansätze eines werden-
den besitzen.
Reiativ in diesem Sinn ist der Begriff des Menschen selber,
und ebenso sind es die Begriffe der durch unsere Natur bedingten
menschlichen Vereinigungen, der Verbände, staatlicher und nicht-
staatlicher, sowie ihrer Produkte, des Rechts irn objektiven und
im subjektiven Sinne; und auch der Sprache. Die Erkenntnis
dieser Relativität ist sicherlich keine neue Entdeckung; da sie
aber häufig unbeachtet verblieben, verweilen wir bei ihr.
Wie viefes davon aus dem langen Werdeprozesse der zur
Schöpfung des ,,homo sapiens" geführt hat, noch, und vielleicht
für immer dem dicksten Nebel verfahen ist, gewisse Annahmen
dünken uns gleichwohl unabweisbar. Zunächst, daß der Urkeim
unseres Geschlechtes schon zu der Zeit bestanden hat als der
Urstoff, der zu Sonnen und zu Planeten sich zu verdichten be-
stimmt war, noch im glühenden Zustande (leuchtende Gaskugeln ?)
sich befand. Nachträgliche Schöpfung aus Nichts wäre wissen-
schaftlich unfaßbar. Freilich bringt unsere Annahme die un-
bequemsten Zweifel mit sich. Entweder befanden sich darnals
auch die Urkeime im Zustande des Glühens, auf den dann später
eine ,,generatio aequivoca" gefolgt wäre, oder unsere Körperwelt
besteht überhaupt nicht aus einem einheitlichen Etwas, sondern
aus zwei Urelementen, dem des Toten und dem des Lebendigen.
Seit aller Ewigkeit haben beide nebeneinander gestanden, um nach
unermeßlichen Zeiten, diese zur Atomenbildung, jenes zu den Schöp-
fungen vegetabilischer und animalischer Gebilde zu gelangen.
Unter den verschiedenen Tierklassen nirnrnt die der Säuge-
tiere, mutmaßlich die jüngste, den höchsten Rang ein. Aus dieser
 
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