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Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1915, 3. Abhandlung): Das Völkerrecht der Zukunft — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34062#0015
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Das VölkeiTecht der Zukunft.

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selber, und geübt w erden durch Angehörige des Kreises. Alit anderen
Worten: jedes Recht kann nur in einem Verbande bestehen; es
findet die Grenzen seiner Geltung in den Grenzen des Verbandes
und seinen Schutz durch die Träger der Zentralgewalt, ohne die
kein Verband sich erhalten kann.
Also kein Recht ohne Verband; aber auch kein Verband
ohne Recht. Der Verband, und namentlich der Staat, als Re-
präsentant aller anderen, schafft und nutzt das Recht nur soweit
er dessen bedarf. Lebenserfahrung lehrt, daß, abgesehen von
eigenartigen Schicksalssprüngen, die sich jeder mensc-hlichen Be-
rechnung entziehen, große Erfolge nur durch fortgesetzte gleich-
mäßige Tätigkeiten zu erreichen sind. Dahin drängt das Recht,
,,imitatur naturam", gleiche Vorgänge sollen gleiche Folgen nach
sich ziehen. Staaten und Verbände brauchen das Recht da, wo
der Eintritt gleichmäßiger Folge für sie von besonderem Wert
ist; durchaus nicht überall. Jedem vernünftig walfenden Verbande
muß auch im eigenen Interesse daran fiegen, seinen Gliedern, so-
weit diese nicht durch Verbandspflichten in Anspruch genommen
sind, mögfichst viel Bewegungsfreiheit zu belassen, das Wohl des
Einzelnen frommt dem Ganzen. Damit ist die Beschränkung des
rechtlichen Zwanges gegeben; der gesunde Verstand schafft sich
Recht nur zur Erfüllung derjenigen seiner Aufgaben, die darohne
nicht zu erfüllen sind. Vor allem zur Selbsterhaltung, daneben für
die unerläßlichen Verbandsarbeiten die eine rechtliche Behandlung
nicht bloß vertragen, sondern auch fordern. So sorgt der Staat
mit dem ,,öffentlichen", genauer ,,Verfassungs- und Verwaltungs-
recht" für die eigene Erhaltung. Seine Hauptaufgabe sieht er
in der Pflege des äußeren Wohls der Bürger, Schutz von Leib,
Leben und Eigen, einschließlich Erbschaften und Verträgen,
,,Privatrecht" mit seiner kriminalistischen Ausbauchung, und zum
Schutze seiner eigenen Schutzmaßregeln Prozeßrecht. Andere
größere Abschnitte der den Staaten obliegenden Tätigkeiten
widerstreben jeder rechtlichen Ordnung auf das entschiedenste,
wie namentlich der Verkehr mit dem Auslande, wir überlassen sie
der Politik. Leicht begreiflich, daß die Grenzlinien von Recht
und Politik nach Zeit und Ort mannigfaltige Schwankungen er-
fahren, und daß auch für die Zukunft keine dauernde Festlegung
zu erwarten steht. Gewiß ist nur, daß beide, Recht und Politik,
ihre getrennten Felder nebeneinander haben und behalten werden,
und daß kleinere Verschiebungen bald löblich, wie etwa die Ein-
 
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