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E. I. Bekker.
schelten die Römer auf die ,,Punica fides", so vergessen sie dabei,
wie sie selber auf Treu und Glauben noch weniger zu halten
pflegen.
Wenn aber der alte Weg nicht weiter führt, welchen andern
hätten wir einzuschlagen ? Die Antwort mag wenig befriedigend
lauten. Vom nächsten Frieden, auch wenn er unsern berechtigten
Hoffnungen entsprechend ausfäht, ist nicht ahzuviel zu erwarten.
Grenzverbesserungen und Entschädigungszahiungen können die
erduldeten Leiden nicht aus der Welt schaffen. Aber, was noch
schlimmer, sie rücken auch die beteiligten Staaten einander nicht
näher, stimmen nicht freundlicher. Die allgemeine Entspannung
und der Abscheu vor den Greueln, die wir anzusehen und mitzu-
empfinden gezwungen waren, mögen Jahre, vielleicht auch Jahr-
zehnte, äußerer Ruhe schaffen. Resser schon, wenn denkende
Männer zu der Einsicht gelangen sollten, daß der Einsatz für den
Zweck zu hoch gewesen. Mit denen ließe sich weiter verhandeln;
aber wo wären diese zu suchen ? Rann sein, daß auch die weisesten
unter ihnen noch weiterer Erfahrungen bedürftig wären.
Und wie bei dem nächsten Friedensschlusse, so wird auch bei
späteren Verträgen nicht viel weiter zu kommen sein. Wer garan-
tierte deren Haltbarkeit? oder gar mit Gesetzen? und wo säße
der Gesetzgeber ? Wenn aber mit den kleinen Mitteln für den Augen-
blick nur wenig zu erreichen ist, so dürfen wir darum doch die
Geduld nicht verlieren.
non si male nunc et olim sic erit.
Gedenken wir einmal, wie langsam zweifellos der Prozeß vor sich
gegangen, der die Urmenschen zu verträglichen Wesen umgeschaf-
fen und damit gezwungen hat, Verbände und Rechte in ihre
Lebensgewohnheiten aufzunehmen. Und erinnern wir uns dann
Eines Mannes im letzten Jahrhundert, vielleicht des größten
Politikers, den die Erde überhaupt gesehen. Mäßigung im Erfolge,
nach Möglichkeit Vermeiden von ahem, was zu bleibender Ver-
bitterung führen müßte, Anerkennung auch des Gegners als eines
Gleichstehenden und Hinblick auf eine Zukunft, wo ein festes
Bündnis mit ihm auch uns förderlich sein dürfte. Das sind die
Gedanken, aus denen Staatenverbände und Staatenrechte wie
selbstverständliche Dinge hervorsprießen.
Was einst im Iiindesalter der Menschheit unter den einzelnen
Urmenschen, rein instinktiv sich vollzogen, das sollte jetzt im
E. I. Bekker.
schelten die Römer auf die ,,Punica fides", so vergessen sie dabei,
wie sie selber auf Treu und Glauben noch weniger zu halten
pflegen.
Wenn aber der alte Weg nicht weiter führt, welchen andern
hätten wir einzuschlagen ? Die Antwort mag wenig befriedigend
lauten. Vom nächsten Frieden, auch wenn er unsern berechtigten
Hoffnungen entsprechend ausfäht, ist nicht ahzuviel zu erwarten.
Grenzverbesserungen und Entschädigungszahiungen können die
erduldeten Leiden nicht aus der Welt schaffen. Aber, was noch
schlimmer, sie rücken auch die beteiligten Staaten einander nicht
näher, stimmen nicht freundlicher. Die allgemeine Entspannung
und der Abscheu vor den Greueln, die wir anzusehen und mitzu-
empfinden gezwungen waren, mögen Jahre, vielleicht auch Jahr-
zehnte, äußerer Ruhe schaffen. Resser schon, wenn denkende
Männer zu der Einsicht gelangen sollten, daß der Einsatz für den
Zweck zu hoch gewesen. Mit denen ließe sich weiter verhandeln;
aber wo wären diese zu suchen ? Rann sein, daß auch die weisesten
unter ihnen noch weiterer Erfahrungen bedürftig wären.
Und wie bei dem nächsten Friedensschlusse, so wird auch bei
späteren Verträgen nicht viel weiter zu kommen sein. Wer garan-
tierte deren Haltbarkeit? oder gar mit Gesetzen? und wo säße
der Gesetzgeber ? Wenn aber mit den kleinen Mitteln für den Augen-
blick nur wenig zu erreichen ist, so dürfen wir darum doch die
Geduld nicht verlieren.
non si male nunc et olim sic erit.
Gedenken wir einmal, wie langsam zweifellos der Prozeß vor sich
gegangen, der die Urmenschen zu verträglichen Wesen umgeschaf-
fen und damit gezwungen hat, Verbände und Rechte in ihre
Lebensgewohnheiten aufzunehmen. Und erinnern wir uns dann
Eines Mannes im letzten Jahrhundert, vielleicht des größten
Politikers, den die Erde überhaupt gesehen. Mäßigung im Erfolge,
nach Möglichkeit Vermeiden von ahem, was zu bleibender Ver-
bitterung führen müßte, Anerkennung auch des Gegners als eines
Gleichstehenden und Hinblick auf eine Zukunft, wo ein festes
Bündnis mit ihm auch uns förderlich sein dürfte. Das sind die
Gedanken, aus denen Staatenverbände und Staatenrechte wie
selbstverständliche Dinge hervorsprießen.
Was einst im Iiindesalter der Menschheit unter den einzelnen
Urmenschen, rein instinktiv sich vollzogen, das sollte jetzt im