ReimundVers.
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zahlreichere nichthochdeutsche Reime aufweisen. Die Erklärung
dafür muß meines Erachtens die sein, daß V. für seine Epen sich
gebildet hatte an der älteren hochdeutschen Epik des 12. Jahrhun-
derts, in der auch die mittelfränkische Mundart ziemlich stark
vertreten war. Diese Muster verliehen seiner Reim- und Vers-
technik ein etwas mehr hochdeutsches Gepräge. Aber sein Haupt-
augenmerk war weniger darauf gerichtet, indifferente oder gar
ausgesprochen hochdeutsche Reime zu bringen, als vielmehr
darauf, daß kein Reim in seiner, der Maastrichter Mundart, falsch
klinge. Und das hat er im ganzen durchgeführt, nur im ietzten
Teil, der in Thüringen gedichtet ist, finden sich einzelne speziell
hochdeutsche Reime. Vgl. hierzu KRAus S. 152ffd) Den Anfor-
derungen also, welche Rudolf von Ems vom Standpunkte der
oberdeutschen poetischen Technik aus stellen mußte, konnten
Veldekes Reime in keiner Weise entsprechen.
Ich habe deshaib schon a. a. 0. 1483 betont, daß es nicht
Vorzüge der Form gewesen sein können, welche Rudolf an Vel-
deke hat hervorheben wollen. An Veldekes Eneide war den Zeit-
genossen vielmehr der Inhalt neu: die eingehende Schilderung
höfischen Wesens mit allen Äußerlichkeiten, die liebevolle Dar-
legung der Seelenvorgänge bei den handelnden Personen und vor
allem die hervorragende Stellung, welche die Minne in diesem Epos
einnahm, die ausführlichen spitzfindigen Liebesmonologe und Dia-
^) Es verhält sich also beiVeldeke gerade umgekehrtwie bei den säch-
sisch-niederdeutschen Dichtern, welche hochdeutsch schreiben wollten. Diese
bringen gern solche hochdeutschen Reime an, welche in ihrer nd. Mundart
fehlen, bezw. falsch sind. So steht bei Eilhart mit Vorliebe das hochd. sagea
im Reime, welches Veldeke meidet (vgl. Zs. f. d. Ph. 4, 260ff.). In den neuen
von DEGERiKG, Beitr. 41, 513ff. veröffentlichten BruchstückenvonEilhartA
finden sich allein folgende: sagen : c^age(n) 7165. 7349, /?acen : sagen 7325,
(ge)Aace^e : sage^e 7221. 7345. Und die mhd. Allerweltsreime sac/i : sprac%,
ivelche Veldeke ebenfails meidet, trotzdem sie auch mfränk. sind (Zs. f. d. Ph.
4, 283f.), kommen in den alten Bruchstücken vor, so daß DEGERiNGv. 7089
zu sprac/i mit Recht den Reim ensacA ergänzt hat, noch dazu gedeckt durch
die gleichlautenden Reime in X. Auch das im mnd. und mndi. fehlende
praet. /'acA (Zs. f. d. Ph. 4, 263) steht im Reime auf spracA bei Eilhart A (Licn-
TENSTEiN 8. 13, 14. 18, 16). Und das fürs hochd. charakteristische und reim-
beliebte praet. gesc%acA bringt Eilhart ebenfails im Reim auf niederd. A' an
(in den neuen Bruchstücken 7283. 7439), während Veldeke in seiner Sprache
nur gesc/üec/e kennt und es deshalb im Reime völlig meidet, obgleich im mfränk.
cias praet. gescAacA. häufig gereimt wird (Z. f. d. Ph. 4, 258ff.). Vgl. dazu die
Bemerkungen von KRAus S. 172f. im Anschluß an RoETHE.
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zahlreichere nichthochdeutsche Reime aufweisen. Die Erklärung
dafür muß meines Erachtens die sein, daß V. für seine Epen sich
gebildet hatte an der älteren hochdeutschen Epik des 12. Jahrhun-
derts, in der auch die mittelfränkische Mundart ziemlich stark
vertreten war. Diese Muster verliehen seiner Reim- und Vers-
technik ein etwas mehr hochdeutsches Gepräge. Aber sein Haupt-
augenmerk war weniger darauf gerichtet, indifferente oder gar
ausgesprochen hochdeutsche Reime zu bringen, als vielmehr
darauf, daß kein Reim in seiner, der Maastrichter Mundart, falsch
klinge. Und das hat er im ganzen durchgeführt, nur im ietzten
Teil, der in Thüringen gedichtet ist, finden sich einzelne speziell
hochdeutsche Reime. Vgl. hierzu KRAus S. 152ffd) Den Anfor-
derungen also, welche Rudolf von Ems vom Standpunkte der
oberdeutschen poetischen Technik aus stellen mußte, konnten
Veldekes Reime in keiner Weise entsprechen.
Ich habe deshaib schon a. a. 0. 1483 betont, daß es nicht
Vorzüge der Form gewesen sein können, welche Rudolf an Vel-
deke hat hervorheben wollen. An Veldekes Eneide war den Zeit-
genossen vielmehr der Inhalt neu: die eingehende Schilderung
höfischen Wesens mit allen Äußerlichkeiten, die liebevolle Dar-
legung der Seelenvorgänge bei den handelnden Personen und vor
allem die hervorragende Stellung, welche die Minne in diesem Epos
einnahm, die ausführlichen spitzfindigen Liebesmonologe und Dia-
^) Es verhält sich also beiVeldeke gerade umgekehrtwie bei den säch-
sisch-niederdeutschen Dichtern, welche hochdeutsch schreiben wollten. Diese
bringen gern solche hochdeutschen Reime an, welche in ihrer nd. Mundart
fehlen, bezw. falsch sind. So steht bei Eilhart mit Vorliebe das hochd. sagea
im Reime, welches Veldeke meidet (vgl. Zs. f. d. Ph. 4, 260ff.). In den neuen
von DEGERiKG, Beitr. 41, 513ff. veröffentlichten BruchstückenvonEilhartA
finden sich allein folgende: sagen : c^age(n) 7165. 7349, /?acen : sagen 7325,
(ge)Aace^e : sage^e 7221. 7345. Und die mhd. Allerweltsreime sac/i : sprac%,
ivelche Veldeke ebenfails meidet, trotzdem sie auch mfränk. sind (Zs. f. d. Ph.
4, 283f.), kommen in den alten Bruchstücken vor, so daß DEGERiNGv. 7089
zu sprac/i mit Recht den Reim ensacA ergänzt hat, noch dazu gedeckt durch
die gleichlautenden Reime in X. Auch das im mnd. und mndi. fehlende
praet. /'acA (Zs. f. d. Ph. 4, 263) steht im Reime auf spracA bei Eilhart A (Licn-
TENSTEiN 8. 13, 14. 18, 16). Und das fürs hochd. charakteristische und reim-
beliebte praet. gesc%acA bringt Eilhart ebenfails im Reim auf niederd. A' an
(in den neuen Bruchstücken 7283. 7439), während Veldeke in seiner Sprache
nur gesc/üec/e kennt und es deshalb im Reime völlig meidet, obgleich im mfränk.
cias praet. gescAacA. häufig gereimt wird (Z. f. d. Ph. 4, 258ff.). Vgl. dazu die
Bemerkungen von KRAus S. 172f. im Anschluß an RoETHE.