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Braune, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 11. Abhandlung): Reim und Vers: eine wortgeschichtliche Untersuchung — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34082#0022
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22

WlLHELM BRAUNE :

Anders wird es im 16. Jahrhundert. Zwar ist da auch noch
7'e?7?? das eigentiiche und sprachgemäße Wort für den deut-
schen Vers. Und der gegensätzliche Gebrauch beider Worte, wo-
nacli oe7*^ nur für den lateinischen Vers gilt, ist noch nicht erloschen.
Vgl. z. B. Fischart, Gargantua (Neudruck) S. 304, wo es heißt:
D%7?7? ^ie e7h7???e7'/e7? ^ic/? . . . e//ic/?e7* ^cAö7?e?' Fer/J . . eo?? FeM&iw,
au/i he??? Fe7*^?7io, aher einige Zeilen weiter: 7??c?c/?/e7? 7?ewe kFGaar-
/GcAe 7'e?7??e7? eo?? ye7??e??y^e7? ^re?/ A??p//e?? ????d zM-*e7? ^cA7*?Me7? (die
Fischartscben deutschen Hexameter, vgl. oben S. 15). Aber der
Einfluß des Humanismus mit seiner Pflege der lateinischen Verse
bringt es mit sich, daß lateingelehrte Dichter ab und zu oer^ auc.h
für den deutschen Vers brauchen. So spricht der gelehrte Theolog
Erasmus Alberus in der Vorrede zu seinen deutschen Fabein
1550 (Neudruck 104—107) S. 4 mehrmals A^on De?7??e7?, aber in
seiner metrischen Bemerkung sagt er: H??c/? A??/7e ?c/? e?7?e7?? /eg/?c/?e??
Fer^ ucA^ ^?///7e7? ^ege/^e??, o?? wc e?7? Z??/?'7?P?u??^ u??? e7?de ge/e//Z (d. h.
im Reime steht), &7* /77*i7?g'ei ?7??7 ^icA e?7? e/7e7*?g'e ^c/Z/ie. — Der in
Verspaaren (also nicht ^gesangsweis') bearbeitete Psalter "durch
Johann Glausen' 1542 (s. Goedeke, Grundriß 2% S. 172), welcher
mir in der Neuausgabe von Johann Spieß, Heydelberg 1583 in
einem Ex. der hiesigen Universit.ätsbibhothek vorliegt, enthält
eineVorrede des Druckers JohannSpieß, worin nur \mn re?/7??C7?
die Rede ist; darauf f'olgt die Vorrede des Verfassers, datiert Onoltz-
bach 1540, Avelcher stets vondeutschenVersen spricht (z.B. cZ/ewe?/
?'c/? eo7' /??7'e7? . . . (ne7??o' /?.?c?Z77?e?? ?7? c/e??/^c/?e oe7'^ /77*??c/?0.
In der zweiten Hälfte des 16. Jabrhunderts scheint das ge-
lehrte Wort oer^ soweit A^orgedrungen zu sein, daß schon Adam
Puscbmann (1571) öfter zu 7'e???? das synonymum oer^ setzt. So
auf seinemTit.elblatt: C7?c/ w?e c/?e mY e7?c/ eig-e7?^cAc?//i! c/e7* Fe7*^e7?
oc/er De????e??, T/?Ö7? t?7?c/ L?ec/e7* z?? e7'/ce7???e7? ^e?/. Und S. 7 u'ie
eie/ e??c/ 7??c?7?c/?e77e?/ De?'7??e?? cic/er Fe7'/i c/ie /He?Ve7'/ci7? . . . i7?/?c?i?e7?.
S. 9 Do/gei! co7? c?7?zc?/ c/e7' N?///c?/7e7? ??? De?/7??e7? oc/e7' Fe7*^e7?. So noch
oft, Avas beweist, daß Pusc.hmann durch Hinzufügung dieses syno-
nymum einem schon iveiter vorgeschrittenen Sprachgebrauche eine
Konzession macht. Denn seinem Sprachgefühl ist. noch 7*ei7?? der
eigenthc.il gemäße Ausdruck, welchen er sehr oft. auch ohne Hinzu-
fügung von oc/e?* oe?'^ anwendet. Die gleiche Erscheinung zeigt sich
in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch öfter. So im
ältesten Faustbuch (Neudruck^) werden S. 113f. Verse angeführt,
die nur ais T?ei7??e7? bezeichnet. sind, dagegen S. 22 iautet die Über-
 
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