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Ruska, Julius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 2. Abhandlung): Zur ältesten arabischen Algebra und Rechenkunst — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37635#0036
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36

J. Ruska:

währen, daß jene Begriffe und die für dieselben erfundenen Kunst-
ausdrücke unter den Fachleuten — denn für solche schrieb
Alchwarizmi — schon landläufig geworden sein konnten.
Nach Cantor ist noch S. Günthers Geschichte der Mathematik
(I, Leipzig 1908) zu nennen; das Werk kann aber, soweit unsere
Fragen in Betracht kommen, keinen Anspruch auf Selbständigkeit
machen, und so sei nur das Urteil verzeichnet, daß Muhammad
b. Muse der erste „wirklich hervorragend produktive“ Mathematiker
des Ostens war, und daß sein algebraischer Auflösungsmodus
„original“ ist (a. a. 0., S. 201, 204).
Die Übersicht zeigt, daß es kaum eine denkbare Lösung der
Quellenfrage gibt, die nicht versucht worden wäre, und keine An-
sicht, die nicht durch ein entgegengesetztes Urteil wieder aufgehoben
würde. Fortschritte in der Klärung der Streitpunkte
werden nur möglich sein durch Zuziehung neuer hand-
schriftlicher Quellen, durch Diskussion der äußeren
Vorbedingungen für die Entstehung einer mathe-
matischen Literatur bei den Arabern, durch wirkliches
Eingehen auf die Absichten und Ziele des Autors
und durch genauere Analyse der Terminologie.

V. Zur Geschichte der arabischen Zahlbezeichnungen.
Es kann nicht oft und nachdrücklich genug gesagt werden,
daß die Araber, die die persischen und römischen Provinzen über-
fluteten, weder Rechtswissenschaft noch Staatsverwaltung fertig
mitbrachten, sondern gezwungen waren, die Verwaltungsmethoden
und Rechtsformen der eroberten Länder im wesentlichen un-
verändert zu übernehmen. Daß es ihnen mit erstaunlicher
Schnelligkeit gelang, sich in die größeren Verhältnisse hinein-
zufinden und nicht nur die staatlichen Einrichtungen, sondern auch
alle andern Früchte einer alten, ausgereiften Kultur sich zu eigen
zu machen, ist bekannt. Das wäre aber gewiß unmöglich gewesen,
wenn der geistige Abstand zwischen dem Eroberervolk und den
zeitgenössischen Persern, Griechen und Ägyptern so groß gewesen
wäre, wie man bis in die neueste Zeit anzunehmen pflegte.
Insbesondere darf man sich die städtischen Araber, die Träger
der geistigen und politischen Bewegung, nicht als halbe Wilde
vorstellen, die vor dem Auftreten Muhammeds jedem Kultureinflusse
von seiten der Nachbarvölker unzugänglich gewesen wären (Cantor
 
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