Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten.
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Erde; dort leidet der unerkannte Gottessohn den Tod; dieser Tod
ist das Werk der άρχοντες, freilich: εί γάρ εγνωσαν, ούκ άν τον
κύριον τής δόξης έσταύρωσαν (I. Cor. 2, 8). Die ausgebildete
Form des Mythus lesen wir in der Ascensio Jesaiae; man
mag darüber streiten, ob Paulus seine Vorstellung in ähnlicher
Weise ausgebildet hat; daß er sie überhaupt über die An-
deutungen an einzelnen Briefstellen hinaus ausgebildet hat, zeigt
der Kolosserbrief. Wichtiger als diese Frage scheint mir für
unser Problem die Erkenntnis zu sein: wenn ein solcher mythi-
scher Aufriß einmal vorhanden und mit der Autorität des Paulus
gedeckt war, so konnte er verwandte außerchristliche Mythen
anziehen und sich assimilieren: innerhalb des christlichen Vor-
stellungskreises war Herberge geschaffen für eine Fülle von orien-
talisch-hellenistischen Spekulationen. Die Geschichte der christ-
lich-gnostischen Bewegung zeigt, daß aus der Herberge bald eine
Heimat ward.
Wie diese Vorstellungen dem Apostel Paulus vermittelt sind,
vermögen wir noch nicht mit Sicherheit zu sagen1; aber wir können
erkennen, für welche Erscheinungen des religiösen Lebens sie ihm
den Unterbau liefern. Es handelt sich um die Sicherheit der mysti-
schen Verbindung des Christen mit Gott, aller Bedrängnis durch
die kosmischen Gewalten zum Trotz; sie ist garantiert in dem Sieg
des Gottessohnes über die άρχαί καί έξουσίαι. Auch auf diesem
Gebiet aber hat man, mehr als dies bisher geschieht, die Aufmerk-
samkeit auf die Frage zu richten, ob das Ziel durch kultische
Handlungen erreicht wird, ob durch inneres Erleben. Im Römer-
brief (6,3.4) und in einer kurzen Andeutung des Kolosserbriefes
(2,12) nennt Paulus die Taufe als das Mittel, durch das der Christ
den Christusmythus nacherlebt: Sterben und Auferstehen des
Gottessohnes wird im Sakrament nachgebildet. So müßte die
Taufe eigentlich ein Sterben sein; aber dem widersprach die Form
1 Es handelt sich vor allem um clie Frage, ob sich die Vermittlung auf
jüdischem Boden vollzogen hat. Mancherlei scheint dafür zu sprechen. Neuer-
dings hat man darauf hingewiesen, wie im Johannes-Evangelium Moses
geradezu als „Heiland“ (im hellenistischen Sinn) der Juden hingestellt werde,
vgl. vor allem Joh. 9, 28f. (Wetter, Der Sohn Gottes 167 ff.). Nachweise aus
Philo würden weiteres ergeben, mindestens eine sehr starke Hellenisierung
des Verhältnisses zwischen Mose und Israel ahnen lassen. Wie wenig wir
von dem inneren Leben der jüdischen Gemeinden auf hellenistischem Boden
wissen, hat die neuentdeckte sog. Damaskus-Schrift (Scheci-iter, Fragments
of a Zadokite Work, 1910) gezeigt.
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Erde; dort leidet der unerkannte Gottessohn den Tod; dieser Tod
ist das Werk der άρχοντες, freilich: εί γάρ εγνωσαν, ούκ άν τον
κύριον τής δόξης έσταύρωσαν (I. Cor. 2, 8). Die ausgebildete
Form des Mythus lesen wir in der Ascensio Jesaiae; man
mag darüber streiten, ob Paulus seine Vorstellung in ähnlicher
Weise ausgebildet hat; daß er sie überhaupt über die An-
deutungen an einzelnen Briefstellen hinaus ausgebildet hat, zeigt
der Kolosserbrief. Wichtiger als diese Frage scheint mir für
unser Problem die Erkenntnis zu sein: wenn ein solcher mythi-
scher Aufriß einmal vorhanden und mit der Autorität des Paulus
gedeckt war, so konnte er verwandte außerchristliche Mythen
anziehen und sich assimilieren: innerhalb des christlichen Vor-
stellungskreises war Herberge geschaffen für eine Fülle von orien-
talisch-hellenistischen Spekulationen. Die Geschichte der christ-
lich-gnostischen Bewegung zeigt, daß aus der Herberge bald eine
Heimat ward.
Wie diese Vorstellungen dem Apostel Paulus vermittelt sind,
vermögen wir noch nicht mit Sicherheit zu sagen1; aber wir können
erkennen, für welche Erscheinungen des religiösen Lebens sie ihm
den Unterbau liefern. Es handelt sich um die Sicherheit der mysti-
schen Verbindung des Christen mit Gott, aller Bedrängnis durch
die kosmischen Gewalten zum Trotz; sie ist garantiert in dem Sieg
des Gottessohnes über die άρχαί καί έξουσίαι. Auch auf diesem
Gebiet aber hat man, mehr als dies bisher geschieht, die Aufmerk-
samkeit auf die Frage zu richten, ob das Ziel durch kultische
Handlungen erreicht wird, ob durch inneres Erleben. Im Römer-
brief (6,3.4) und in einer kurzen Andeutung des Kolosserbriefes
(2,12) nennt Paulus die Taufe als das Mittel, durch das der Christ
den Christusmythus nacherlebt: Sterben und Auferstehen des
Gottessohnes wird im Sakrament nachgebildet. So müßte die
Taufe eigentlich ein Sterben sein; aber dem widersprach die Form
1 Es handelt sich vor allem um clie Frage, ob sich die Vermittlung auf
jüdischem Boden vollzogen hat. Mancherlei scheint dafür zu sprechen. Neuer-
dings hat man darauf hingewiesen, wie im Johannes-Evangelium Moses
geradezu als „Heiland“ (im hellenistischen Sinn) der Juden hingestellt werde,
vgl. vor allem Joh. 9, 28f. (Wetter, Der Sohn Gottes 167 ff.). Nachweise aus
Philo würden weiteres ergeben, mindestens eine sehr starke Hellenisierung
des Verhältnisses zwischen Mose und Israel ahnen lassen. Wie wenig wir
von dem inneren Leben der jüdischen Gemeinden auf hellenistischem Boden
wissen, hat die neuentdeckte sog. Damaskus-Schrift (Scheci-iter, Fragments
of a Zadokite Work, 1910) gezeigt.