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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0019
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Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten. 19
III.
Wir kehren zum Apuleius-Text zurück. Nun, da er sich als
feste Formulierung herausgestellt hat, darf ihm erhöhte Bedeutung
zugeschrieben werden. Denn er gibt nicht nur individuelle Stim-
mungen, sondern sozusagen offizielle Deutungen wieder. Wer
untersuchen will, welches die in dem Text angedeuteten und
ausgedeuteten Vorgänge sind, sieht sich, zumal durch de Jongs
Arbeiten, vor die Frage gestellt, ob überhaupt reale Handlungen
in Betracht kommen, ob die ganze Initiation nicht in inneren Vor-
gängen bestehe, die der Einzuweihende im Traum- oder Trance-
Zustand erlebe1.
Wir treten mit dieser Frage an den ersten Akt der Initiation
heran, den Gang ins Totenreich. Daß die Deutung des accessi sich
nach remeaui zu richten hat, daß man also von Eingang und Rück-
kehr ins Totenreich reden darf, wurde schon gezeigt. Daß man
aber beides, accedere und remeare, nur auf ein inneres Erlebnis
kontemplativer, traumhafter oder ekstatischer Art zu beziehen
habe, wird, wie mir scheint, durch folgende Erwägung ausge-
schlossen: mancherlei Offenbarungen der Göttin hat Lucius schon
in derartigen Zuständen erhalten; die erste Epiphanie der Göttin,
die damit verbundene Offenbarung ihres Namens2 und die An-
kündigung seiner Rettung geschah im Traum (XI 3—6); in ähn-
licher Weise hört der des Tages der Einweihung harrende Gläubige
allnächtlich Weisungen der Göttin (XI19); er erhält ein Traum-
orakel (XI 20) und wird auf gleiche Art endlich zur Initiation be-
rufen (XI 22); und nun sollte die so sehnsüchtig erwartete Weihe
wiederum im wesentlichen ein innerer Vorgang sein ? Der Höhe-
punkt nach soviel Steigerungen lediglich eine Repetition ? Das
erscheint nicht glaublich, um so weniger als die Erzählung des
Apuleius unmittelbar vor unserer Stelle eine andere Erklärung
an die Hand gibt.
Tune semotis procul profanis omnibus, erzählt der Autor
dort, linteo rudique me contectum amicimine arrepta manu sacer-
dos deducit ad ipsius sacrarii penetralia. Das Verbum scheint
hier nur Selbstverständliches zu sagen. Wenn man aber die Be-
obachtung macht, daß es XI 21 heißt: quo rectius ad arcana puris-
1 de Jong hat diese Frage nicht durchweg bejaht, hat sich aber doch
in gewissem Maße an du Prel, Die Mystik der alten Griechen 68—120 ange-
schlossen, der in den geschilderten Vorgängen spiritistische Phänomene sieht.
2 Vgl. Vallette, L’Apologie d’Apulee 280.

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