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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0018
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18

Martin Dibelius:

mit bloßer Rhetorik zu tun, da mit diesem Geständnis weder dem
Richter noch dem Kläger gedient sein konnte. Uns interessiert
hier nur die Voraussetzung, daß der Kultbruder des Redners sich
angesichts der Versammlung als eorundem sollemnium mihi parti-
ceps ausweisen könne: signum dato — d. h. nach Lage der Dinge
nicht: er soll ein Zeichen geben1; es kann nur heißen: er soll das
unter den Kultgenossen bekannte Zeichen abgeben, und mit
Recht hat man dabei schon längst2 an eine heilige Formel gedacht.
Dann hätte Apuleius den Fall gesetzt, daß ein solcher Spruch vor
Nichtgeweihten gebraucht würde.
Daß so etwas möglich war, ergibt sich aber endlich auch aus
der Formulierung dieser Symbole. Sie sind so gehalten, daß der
Profane ihnen nichts Wesentliches entnehmen kann. Daß dies
von dem sptcpc^-Sprüchlein der unteritalischen Mysten gilt, braucht
nicht bewiesen zu werden; dem Attis-Symbol aus Firmicus und
Clemens fehlt die Hauptsache, das Objekt und damit die Antwort
auf die Frage, was man gegessen und getrunken hat; die eleusini-
sche Formel verrät weder was in der κίστη war, noch was man damit
gemacht hat (έργασάμενος3). Und unser Isis-Text gibt nicht
nur dem heutigen Leser mancherlei Rätsel auf; der Autor, der ihn
mitteilt, vertraut selber zuversichtlich auf seine Undurchsichtigkeit:
quae, quamuis audita, ignores tarnen necesse est. Wer vollends
bedenkt, däß der Leser den Spruch ja nur in Übersetzung kennen
lernt, also in einer Form, die keineswegs zu etwaigem Mißbrauch
durch Unberufene geeignet ist, wird schwerlich den Schriftsteller
um dieser Mitteilung willen des Verrats an den Mysterien zeihen.
Dann aber liefert das Schweigegebot noch keinen Reweis gegen
die Annahme, daß Apuleius hier in Übersetzung eine heilige Formel
des Isisdienstes in die Darstellung der Initiation aufgenommen
habe.
1 So die Übersetzung von Fritz Weiss (Leipzig 1894).
2 Seit Isaac Casaubonus werden eleusinisches und Attis-Symbol
aus Clemens zu dieser Stelle zitiert; übrigens auch αστράγαλος, σφαίρα,
στρόβιλος κτλ., obwohl σύμβολον sich in diesem Fall auf Gegenstände bezieht
(vgl. oben S. 11 A. 3). Außerdem pflegt man auf Plautus, Miles gloriosus
IV 2, 1016 zu verweisen: cedo signum, si harunc Baccharum es.
3 Dieterich hat Mithrasliturgie 125 die Konjektur Lobecks έγγευ-
σάμενος als unnötig za erweisen gesucht und die Stelle auf ein pudendum,
m. E. mit Recht, bezogen. Wenn nun schon deshalb ein verhüllender Aus-
druck angebracht erscheint, so ist es doch bemerkenswert, daß auch die anderen
Formeln mit Absicht undeutlich gehalten sind.
 
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