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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0046
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46

Martin Dibelius:

der Handlung, wenn man sie nicht gerade — wie später Luther
— als „erseuffet werden“ deutete. So wird sie nun an den genannten
Stellen als Nachbildung von Christi Begräbnis verstanden —
notgedrungen, denn das Begräbnis ist keine Heilstat Christi. Da-
durch wird, soviel ich sehe, der Beweis geliefert, daß diese Schätzung
der Taufe nicht ursprünglich und daß der Taufritus nicht nach
diesen Gedanken gebildet worden ist, sondern anderen Vorstellungs-
kreisen entstammt. Die Christen der hellenistischen Welt haben
also das Bedürfnis empfunden, die Taufe — die wohl als eschatolo-
gisches Sakrament von der christlichen Gemeinde dem Täufer-
kreise entlehnt war — als hellenistisches Mysterium zu verstehen.
Die Analogie der Mysterien erklärt hier alles; von gnostischer
Umbildung ist keine Spur zu entdecken.
Nun ist diese Schätzung der Taufe aber gar nicht geistiges
Eigentum des Paulus; er setzt sie ja in der ihm fremden Römer-
gemeinde voraus; er ist, wo er sie vorträgt, nur der Sprecher des
hellenistischen Christentums, an das er sich nach seiner Bekehrung
anschloß3·. Er selbst vertritt eine zwar verwandte, aber doch
in einem wesentlichen Punkte anders geartete Anschauung von der
mystischen Verbindung des Christen mit dem mythisch vorge-
stellten Schicksal des Gottessohnes. Diese Anschauung hat keine
Beziehung zum Sakrament; sie überträgt die Vorstellung des
Mysterienkults auf das Mysterium des Lebens έν Χριστώ, das des
kultischen Apparates nicht bedarf, vergleichbar jener Mysterien-
Weihe, die nach einer bekannten Stelle des Dion von Prusa1 2
die Götter als die wahren Mystagogen den Menschen durch
Schau des Kosmos erteilen. Ein solches kultloses Mysterium
schildert Paulus sogleich nach den erwähnten Worten über die
Taufe, und wir dürfen der Breite und Betonung dieser Stelle
entnehmen, daß Paulus hier dem Drange des Herzens un-
mittelbar folgt, dort aber nach einer Verdeutlichung mystischen
Erlebens für die Gemeinde strebte. Nun ist nicht mehr von der
Taufe, und darum auch nicht mehr vom mystischen Begraben-
werden des Christen die Rede; nun heißt es Röm. 6,6ff.: unser alter
Mensch ist mit Christus gekreuzigt, wir sind mit Christus gestor-
ben, um mit ihm zu leben. So ist — nach dem Zeugnis anderer
1 Vgl. den Aufsatz Heitmullers Zeitschr. f. neutest. Wissensch. 1912,
320 ff.
2 Dio Chrysostomus or. XII 34 p. 164 arnim ξύμπαν τό των ανθρώπων
γένος τήν ολόκληρον καί, τω οντι τελείαν τελετήν μυούμενον ....
 
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