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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0053
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Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten.

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Synkretismus mit Gedanken der hellenistischen Philosophie
überwindet. So hat das Johannesevangelium, das für diesen Prozeß
ein wichtiger, noch längst nicht genügend gewürdigter Zeuge ist,
nicht nur die fremden Hirten als Diebe und Räuber aus dem Reich
des guten Hirten ausgewiesen (10,8), es hat auch schon im Prolog
die Art der Heilsoffenbarung auf den Gottesgedanken zurück-
geführt: weil Gott von keinem sterblichen Auge erschaut wird,
darum kann ihn nur der μονογενής offenbaren. Daß der Mensch
— den Göttern überlegen — zum Himmel auffahren könne im
Geist und so himmlische Dinge schaue und lerne, das war die
Überzeugung jener synkretistischen Gottessöhne und Gottver-
künder, wie sie in der Κλείς des hermetischen Corpus (X 25) zu
typischem Ausdruck gelangt: ούδείς μέν γάρ των ούρανίων θεών έπί
γης κατελεύσεταμ ούρανου τον ορον καταλιπών, 6 δε άνθροοπος εις τον
ούρανδν άναβαίνει καί μετρεΐ αύτόν . . . Wie die christliche Antwort
auf solchen Anspruch erscheint das Wort des Johannesevange-
liums (3,13): ούδείς άναβέβηκεν εις τον ούρανδν εί μή ο έκ του
ούρανου καταβάς, ό υίδς του άνθρώπου.
Die Überlegenheit des Christentums dokumentiert sich un-
serem Rlick gewiß vor allem darin, daß es mehr und anderes bot,
als Mysterien, Gnosis und synkretistische Propheten. Aber für den
Erfolg gegenüber diesen Mächten kam es zunächst darauf an, daß
der Gläubige bei Christus dasselbe fand wie bei Isis, Befreiung
von den kosmischen Zwingherren des Daseins, von der Fortuna
caeca. Denn wenn das Christentum seinen Rivalen in diesem
Stücke glich, so war es ihnen auch überlegen, kraft seines origi-
nalen Gehalts und kraft der Tendenz der Ausschließlichkeit, mit
der es diesen Gehalt sicherte. Um aber den Konkurrenten zu
gleichen und den Christen als Herren des Schicksals zu erweisen,
mußte die christliche Predigt sich auf die kosmischen Probleme
des Daseins einstellen. Diese neue Orientierung konnte nicht ohne
Anleihe beim Hellenismus durchgeführt werden; aber während
der christliche Gnostizismus bei dieser Umformung dem Synkre-
tismus anheimfiel, haben jene ausschließenden Tendenzen den
größeren Teil der Gemeinden vor diesem Schicksal bewahrt.
So vollzieht sich dieser Prozeß, der mit Paulus beginnt und mit
der kirchlichen Gnosis von Alexandrien seinen Höhepunkt erreicht,
in Aufnahme und Ausscheidung. Seine Bedeutung erkennt man
gerade im Blick auf die hier untersuchten Initiations-Riten der
 
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