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Hermann Güntert:
zunächst darauf hin, daß die fraglichen Wortelemente, wie amä-
[.bam, age-[bam, ciudie-[bam, mag man sie für ,,infinitivartige No-
mina“, für ,,Verbalnomina“ oder für „erstarrte Kasus“ halten
(vgl. noch Löwe IF 4, 374, Meillet MSL 13, 369 ff.), selbständig
außerhalb dieser Imperfektbildungen nicht im Italischen nachweis-
bar sind: ein *age- kommt außer in der Form agebam nirgends
vor; ein solches Wort ist also für das Latein „ein vollständig hypo-
thetisches Gebilde“, wie Skutsch in den Atti del congresso inter-
nazionale di scienze storiche (Roma 1903), 1, 192 (= S. 2 des
Sonderabz. und S. 284 der Kleinen Schriften, 1914) sich aus-
drückt. Hirts 'casus indefinites’ (vgl. IF 17, 45) vermag zu-
nächst nicht zu helfen; denn es ist von vornherein ausge-
schlossen, daß sich noch in italischer Zeit ein Hilfsverbum mit
einer uridg. Stammform zur Erzeugung einer einzelsprachlichen
Neubildung gepaart habe. Auch der gutmütige endungslose Loka-
tiv, der dann später im Sprachgefühl als Verbalstamm umgedeutet
sein soll (Streitberg IFAnz. 2, 169f., UGramm. 341), liefert uns
nicht den Schlüssel zum Verständnis unseres Problems, schon deshalb
nicht, weil bei der 3. Konjugation das Wortstück lege-, dlce- usw.
mit dem Verbalstamm gerade nicht übereinstimmt1. Auch ist
der Theorie, es handle sich um ein infinitivartiges Nomen, die
Erwägung nicht sonderlich günstig, daß syntaktisch vom einzel-
sprachlich-lateinischen Standpunkt die Konstruktion eines Ver-
bums mit der Bedeutung „sein“ oder „werden“ mit dem Infinitiv
nicht einwandfrei wäre (Skutsch a. a. 0.).
3. Endlich führt auch die Hypothese, es sei von e-Femininen
auszugehen (vgl. etwa tabes : tabe-bam, lues : lue-bam, läbes : labe-
bar u. a.), keineswegs zum Ziel, wie bereits Sommer a. a. 0. 142
mit Recht bemerkt: einmal ist es an sich recht zweifelhaft, daß
diese Feminina uritalische e-Stämme waren; dann müßte man
wohl doch wieder den endungslosen Lokativ in Anspruch nehmen
i*täbe-bhiiäm > täbebam eigtl. „ich war im Hinscheiden“), der aber
sonst im italischen Kasussystem keine sonderlich große Rolle
gespielt hat2. Außerdem waren solche e-Stämme auf alle Fälle
nicht häufig, und es hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich, von
1 Die Annahme, *lege-bam sei nach viclebam zu legebam geworden, was
bei Lindsay-Nohl Gr. 564 erwogen wird, ist mehr als unwahrscheinlich.
2 Verfehlt ist Fays Herleitung von tegebam aus *tegai-, *legei-fam oder
*teges-fam (in der unten § 45 genannten Schrift, §43, S. 17). Ähnlich Lind-
sa y-Nohl Gr. 564 (legebam aus *leges-bam) s. Anm. 1.
Hermann Güntert:
zunächst darauf hin, daß die fraglichen Wortelemente, wie amä-
[.bam, age-[bam, ciudie-[bam, mag man sie für ,,infinitivartige No-
mina“, für ,,Verbalnomina“ oder für „erstarrte Kasus“ halten
(vgl. noch Löwe IF 4, 374, Meillet MSL 13, 369 ff.), selbständig
außerhalb dieser Imperfektbildungen nicht im Italischen nachweis-
bar sind: ein *age- kommt außer in der Form agebam nirgends
vor; ein solches Wort ist also für das Latein „ein vollständig hypo-
thetisches Gebilde“, wie Skutsch in den Atti del congresso inter-
nazionale di scienze storiche (Roma 1903), 1, 192 (= S. 2 des
Sonderabz. und S. 284 der Kleinen Schriften, 1914) sich aus-
drückt. Hirts 'casus indefinites’ (vgl. IF 17, 45) vermag zu-
nächst nicht zu helfen; denn es ist von vornherein ausge-
schlossen, daß sich noch in italischer Zeit ein Hilfsverbum mit
einer uridg. Stammform zur Erzeugung einer einzelsprachlichen
Neubildung gepaart habe. Auch der gutmütige endungslose Loka-
tiv, der dann später im Sprachgefühl als Verbalstamm umgedeutet
sein soll (Streitberg IFAnz. 2, 169f., UGramm. 341), liefert uns
nicht den Schlüssel zum Verständnis unseres Problems, schon deshalb
nicht, weil bei der 3. Konjugation das Wortstück lege-, dlce- usw.
mit dem Verbalstamm gerade nicht übereinstimmt1. Auch ist
der Theorie, es handle sich um ein infinitivartiges Nomen, die
Erwägung nicht sonderlich günstig, daß syntaktisch vom einzel-
sprachlich-lateinischen Standpunkt die Konstruktion eines Ver-
bums mit der Bedeutung „sein“ oder „werden“ mit dem Infinitiv
nicht einwandfrei wäre (Skutsch a. a. 0.).
3. Endlich führt auch die Hypothese, es sei von e-Femininen
auszugehen (vgl. etwa tabes : tabe-bam, lues : lue-bam, läbes : labe-
bar u. a.), keineswegs zum Ziel, wie bereits Sommer a. a. 0. 142
mit Recht bemerkt: einmal ist es an sich recht zweifelhaft, daß
diese Feminina uritalische e-Stämme waren; dann müßte man
wohl doch wieder den endungslosen Lokativ in Anspruch nehmen
i*täbe-bhiiäm > täbebam eigtl. „ich war im Hinscheiden“), der aber
sonst im italischen Kasussystem keine sonderlich große Rolle
gespielt hat2. Außerdem waren solche e-Stämme auf alle Fälle
nicht häufig, und es hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich, von
1 Die Annahme, *lege-bam sei nach viclebam zu legebam geworden, was
bei Lindsay-Nohl Gr. 564 erwogen wird, ist mehr als unwahrscheinlich.
2 Verfehlt ist Fays Herleitung von tegebam aus *tegai-, *legei-fam oder
*teges-fam (in der unten § 45 genannten Schrift, §43, S. 17). Ähnlich Lind-
sa y-Nohl Gr. 564 (legebam aus *leges-bam) s. Anm. 1.