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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 8. Abhandlung): Zur Herkunft und Bildung des italischen Imperfekts: eine sprachwissenschaftliche Untersuchung — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37641#0013
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Zur Herkunft und Bildung des italischen Imperfekts.

13

Kasus „regiere“; wenn eine Modusbedeutung verblaßt, dann wird
wieder ein Adverbium zur Stütze genommen: und in der deskrip-
tiven Grammatik findet man dann gebucht, die oder die „Kon-
junktion“ „regiere“ den oder jenen Modus; überall werden Hilfs-
wörtlein zur Verdeutlichung herangezogen. Gerade im italischen,
im lateinischen Verbalsystem hat sich ja eine ganz radikale Revo-
lution Bahn gebrochen, so daß zerbröckelte idg. Tempuselemente
zu neuen Formen vereint und verbunden wurden: man denke nur
an das Perfekt! Oder es mußten, wenn die einzelnen Trümmer
sich nicht zu einem neuen Ganzen umschmieden und umschweißen
ließen, ganz neue und eigenartige periphrastische Umschreibungen
eingeführt werden, wie im passiven Perfektsystem oder bei den
Gerundiv-Konstruktionen. So mußte es sich auch der alte idg.
Wurzelaorist wohl oder übel gefallen lassen, daß man ihm eine neue
kräftige Stütze gab, ohne die er dem sicheren Untergang preis-
gegeben gewesen wäre.

111.
15. Es ist sprachwissenschaftlich sehr interessant, diese Neu-
gestaltung und Neuherrichtung eines alten Tempus im einzelnen
zu studieren, weil wir zwar allem Anschein nach ein Hilfsverbum
am Wortende zu erkennen haben, ohne daß aber anderseits mit
dem Hilfsverbum wie sonst im Latein ein lebendiges Verbalnomen
(d. h. ein selbständiges Wort) zu einer periphrastischen Konju-
gation vereinigt erscheint. Wie also ist der Umschmelzungsprozeß
im einzelnen vor sich gegangen? Trat ein Hilfsverbum unmittel-
bar an den nackten Aoriststamm ? Oder ist am Ende der Aus-
gang -beim gar kein selbständiges Verbum gewesen und seine Zu-
rückführung auf *-bhuäm eine ähnliche Täuschung, wie es die
Gleichsetzung der gotischen Präteritalausgänge nasi-dedum usw.
mit ags. dydon, ahd. tätum, gewesen war, wovon man jetzt allgemein
überzeugt ist? (Weiteres unten §43ff.) Sollte man nicht eher
ein Hilfsverbum mit der Bedeutung „ich tat“ statt „ich war“ zur
Umschreibung eines Vergangenheitstempus erwarten ? — all diese
Fragen und Bedenken stürzen auf uns ein, wenn wir uns jetzt
zur Beantwortung unserer dritten Grundfrage anschicken.
16. Ich wende mich zur Erledigung des letzten Einwands,
daß man anstatt eines Hilfsverbums mit dem Sinne „ich war“
eher ein solches mit der Bedeutung „ich tat“ erwarten könnte:
 
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