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Liebich, Bruno [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 15. Abhandlung): Zur Einführung in die indische einheimische Sprachwissenschaft, 2: Historische Einführung und Dhātupātha — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37692#0007
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Anfänge der grammatischen Spekulation.
1 Kein andrer Zweig der mit der Sprachwissenschaft in näherem
Zusammenhang stehenden Wissensgebiete hat sich in Indien so
früh entwickelt als die Metrik, die Lehre von den äußeren Dicht-
formen, die in unsern Schulgrammatiken wohl noch heut gelegent-
lich als Anhang der eigentlichen Sprachlehre erscheint, wie sie
schon im Rkprätisäkhya des Saunaka die letzten drei Kapitel
bildet, während sie aus dem Stoff der übrigen Prätisäkhya’s aus-
geschieden ist, vermutlich da sich inzwischen die Entwicklung des
Vedänga Chandas (älter Chandoviciti) zu einem selbständigen
Wissenszweige, einer eigenen, von Spezialisten betriebenen Wissen-
schaft vollendet hatte.
Dieser Vorsprung der Metrik erklärt sich psychologisch da-
durch, daß die Metrik eine Tätigkeit des menschlichen Geistes be-
handelt, die sich schon selbst mehr bewußt vollzieht als die Sprech-
tätigkeit überhaupt. Denn wenn auch die frühesten Formen poe-
tischer Gestaltung der indischen Arier, die ältesten Hymnen der
Rsi’s in unbewußter Auswirkung eines seelischen Dranges ent-
standen sein mögen (unter Anlehnung an gewisse volkstümliche
Formen, über deren Entstehung uns Bücher’s 'Arbeit und Rhyth-
mus’ Aufschluß gegeben hat), so mußten doch eben diese Lieder,
einmal geschaffen, bei Vortrag und Wiederholung im Hörer den
Eindruck gewisser formaler Gesetzmäßigkeiten erzeugen und durch
ihre bloße Existenz die gleichgerichtete Tätigkeit der Späteren be-
einflussen, die nun beim Versuch der Nachahmung auf jene Ge-
setzmäßigkeiten aufmerksam und sich ihrer allmählich immer deut-
licher bewußt wurden.
2 Das erste sichere Zeichen des Bewußtwerdens und des be-
ginnenden Nachdenkens über irgendein Wissensobjekt ist immer
die Namengebung. Früher als die generelle Bezeichnung für Me-
trum, chandas, schon in den Familienbüchern des Rgveda, er-
scheinen die Namen von zwei einzelnen Metren, GäyatrI und
Tristubh, die heiligen Metra jenes des Agni, dieses des Indra, die
 
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