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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0069
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Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländ. Basilikengrundrisses. 69
Der Bau, der 775 geweiht wurde, kann sich 754 nur in den
Anfängen befunden haben. Wie wir hörten, hatte nach den Miracula
sancti Dionysii Pippin die neue Dionysiuskirche begonnen, Karl
der Große ihre Vollendung herbeigeführt. Bei der Weihe des
Hochaltars, die Stephan II. 754 vollzog, dürfte demnach höchstens
an eine vorläufige Konsekrierung bestimmter Teile des Baues zu
denken sein, während erst das Jahr 775 die abschließende Weihe
der ganzen Anlage brachte. Der Wortlaut der entscheidenden
Quellenstellen bestätigt diese Auffassung. Ausdrücklich ist in den
beiden obengenannten Zeugnissen stets nur von einer Weihe des
den beiden Apostelfürsten geweihten Altars die Bede, in dem wir
nach seiner Lage bei dem Märtyrergrab und wegen des Peter- und
Pauls-Patroziniums den Hochaltar der Kirche zu erblicken haben.
Der Bau muß sich damals noch in den allerersten Anfängen be-
funden haben, ja möglicherweise kam die von Stephan vorgenom-
mene Weihe des Hochaltars überhaupt nur einer Art Grundstein-
legung gleich. Alle auf uns gekommenen Zeugnisse betreffen die
selbe, von Pippin an neuer Stelle begonnene Anlage, die erst Karl
der Große 775 zum Abschluß brachte. Daß man nach Stephans
Altarweihe noch über 20 Jahre an diesem Bau fortgearbeitet hat,
scheint mit aller Deutlichkeit für die von uns vertretene Auf-
fassung zu sprechen.
Aber auch aus der Grundrißgestaltung des Baues selbst wird man
unter Umständen einige Schlüsse auf das bauliche Stadium ziehen
dürfen, in dem die Klosterkirche sich zurZeit der Altarweihe von 754
befand. Von der unter Pippin begonnenen, durch Karl den Großen
vollendeten Anlage stammen, wie wir sahen, die ältesten von
Viollet-le-Duc unter dem Boden der heutigen Basilika fest-
gestellten Fundamentreste, die deutlich einen Bau nach römischem
Grundrißtypus erkennen lassen. Soweit die Sachlage zur Zeit zu
überblicken ist, scheint hier das früheste Beispiel des neuen Schemas
in den Ländern nördlich der Alpen vorzuliegen. Die bis jetzt im
westlichen Deutschland bekannt gewordenen frühesten Bauten mit
seitlich ausladendem Ouerschiff und sich an dieses lehnender Chor-

die von Mansi (Conciliorum collectio XII, S. 557) abgedruckte Glosse aus
einer verschollenen Handschrift des Liber Pontificalis in St. Benoit sur Loire:
Huic papae sanctissimo Stephano revelatio et memoria ostensa est de con-
secratione altaris apostolorum Petri et Pauli, quod est situm ante sepulcrum
sanctorum Dionysii, Rustici et Eleutherii . . . (vgl. Haller, Die Quellen
zur Geschichte der Entstehung des Kirchenstaates, S. 68).
 
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