Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten. 13
Praktik und Lehre nach dem Norden. Und die Italiener kamen
gelegentlich wohl selbst über die Alpen. So wurde gerade 1531, im
Jahre des Melanchthon-Briefes an Carion, der berühmte süditalie-
nische Astrologe Lucas Gauricus vom Kurfürsten Joachim I.
nach Berlin berufen15 und reiste von da aus nach Wittenberg, wo
er vier Tage verweilte und von Melanchthon, wie aus dessen Briefen
an Camerarius hervorgeht, freudig begrüßt und verehrt wurde.
Das wird im April 1532 gewesen sein, denn im Mai fertigte Me-
lanchthon bereits ein Empfehlungsschreiben für den abgereisten
Gauricus an Camerarius in Nürnberg aus16. Schon Anfang März
hatte er der „Norica“ seines Freundes Camerarius17 (einer Schrift
über die Bedeutung der Wunder Zeichen) einen Widmungsbrief an
Lucas Gauricus mitgegeben, in dem er ihm in ganz überschweng-
licher Weise, als dem „Fürsten der gesamten Philosophie“, seine
Verehrung bezeugt und sich dabei besonders dafür bedankt, daß
er seinen Briefen Horoskope beigegeben habe, die ihm, Melanch-
thon, für seine Studien unbedingt erforderlich gewesen seien18.
Welche unmittelbare Bedeutung diese Horoskope für die Politik
hatten, erkennt man aus einem Brief Melanchthons aus demselben
Jahre 1532 vom 29. Juni19 an Camerarius, dem er auf seinen Wunsch
die Nativitäten Kaiser Karls und König Ferdinands übersendet.
Dabei erfährt man, daß er Nativitätensammlungen des Gauricus
mit denen Carions und de Scheppers zum Vergleich heranzog.
Solche Sammlungen haben sich z. B. in München und Leipzig20
erhalten. Beide Sammlungen zeigen, wenn man sie genauer durch-
10 Hierzu vgl. Georg Schuster und Friedrich Wagner, Die Jugend
und Erziehung der Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen
(Monum. Germ. Paedag. 34, Berlin 1906), S. 496. Seine handschriftlichen
Horoskope brandenburgischer Fürstlichkeiten bewahrt das preuß. Staats-
archiv. Nach Luther ließ Joachim Gauricus kommen, um ihn als Teufels-
banner zu konsultieren. Vgl. Tischreden (Weim. Ausg.) III. S. 515 und Anm.
ebda.
16 GR. II, 585 (2. Mai) und 587f. (18. Mai).
17 Eine Monographie über diesen führenden Geist unter den frühen
deutschen Philologen steht leider noch aus.
18 CR. II, 570 (Anfang März 1532): Extat enim carrnen quoddam tuum,
in quo in sunt vaticinia de futuris Europae motibus, quae ita comprobavit
eventus, ut non solum Trpoyvwcraxov, sed etiam historiam harum rerum multo
ante scripsisse videaris.quodque literis addidisti themata, quorum
mihi cognitio pernecessaria est . . .
19 Vgl. Beilage A. II.
20 Cod. Monac. lat. 27003 und Leipzig, Stadtbibi. Cod. DCCGCXXXV.
Praktik und Lehre nach dem Norden. Und die Italiener kamen
gelegentlich wohl selbst über die Alpen. So wurde gerade 1531, im
Jahre des Melanchthon-Briefes an Carion, der berühmte süditalie-
nische Astrologe Lucas Gauricus vom Kurfürsten Joachim I.
nach Berlin berufen15 und reiste von da aus nach Wittenberg, wo
er vier Tage verweilte und von Melanchthon, wie aus dessen Briefen
an Camerarius hervorgeht, freudig begrüßt und verehrt wurde.
Das wird im April 1532 gewesen sein, denn im Mai fertigte Me-
lanchthon bereits ein Empfehlungsschreiben für den abgereisten
Gauricus an Camerarius in Nürnberg aus16. Schon Anfang März
hatte er der „Norica“ seines Freundes Camerarius17 (einer Schrift
über die Bedeutung der Wunder Zeichen) einen Widmungsbrief an
Lucas Gauricus mitgegeben, in dem er ihm in ganz überschweng-
licher Weise, als dem „Fürsten der gesamten Philosophie“, seine
Verehrung bezeugt und sich dabei besonders dafür bedankt, daß
er seinen Briefen Horoskope beigegeben habe, die ihm, Melanch-
thon, für seine Studien unbedingt erforderlich gewesen seien18.
Welche unmittelbare Bedeutung diese Horoskope für die Politik
hatten, erkennt man aus einem Brief Melanchthons aus demselben
Jahre 1532 vom 29. Juni19 an Camerarius, dem er auf seinen Wunsch
die Nativitäten Kaiser Karls und König Ferdinands übersendet.
Dabei erfährt man, daß er Nativitätensammlungen des Gauricus
mit denen Carions und de Scheppers zum Vergleich heranzog.
Solche Sammlungen haben sich z. B. in München und Leipzig20
erhalten. Beide Sammlungen zeigen, wenn man sie genauer durch-
10 Hierzu vgl. Georg Schuster und Friedrich Wagner, Die Jugend
und Erziehung der Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen
(Monum. Germ. Paedag. 34, Berlin 1906), S. 496. Seine handschriftlichen
Horoskope brandenburgischer Fürstlichkeiten bewahrt das preuß. Staats-
archiv. Nach Luther ließ Joachim Gauricus kommen, um ihn als Teufels-
banner zu konsultieren. Vgl. Tischreden (Weim. Ausg.) III. S. 515 und Anm.
ebda.
16 GR. II, 585 (2. Mai) und 587f. (18. Mai).
17 Eine Monographie über diesen führenden Geist unter den frühen
deutschen Philologen steht leider noch aus.
18 CR. II, 570 (Anfang März 1532): Extat enim carrnen quoddam tuum,
in quo in sunt vaticinia de futuris Europae motibus, quae ita comprobavit
eventus, ut non solum Trpoyvwcraxov, sed etiam historiam harum rerum multo
ante scripsisse videaris.quodque literis addidisti themata, quorum
mihi cognitio pernecessaria est . . .
19 Vgl. Beilage A. II.
20 Cod. Monac. lat. 27003 und Leipzig, Stadtbibi. Cod. DCCGCXXXV.